: Bioessen wie von der Metro
Die Bioläden überlegen, wie sie der zunehmenden Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter begegnen können. Geschäftspraktiken aus dem konventionellen Handel greifen über
von GERNOT KNÖDLER
Um dem Konkurrenzdruck auf dem Markt für Öko-Lebensmittel Stand halten zu können, hat sich die Bahrenfelder Stadt-Land-Genossenschaft entschlossen, auf Metro zu machen: Ab der kommenden Woche bietet sie normalen Haushaltskunden Freitags und Samstags die Möglichkeit, Bioware in großen Gebinden aus dem Großhandel zu kaufen. Für den weiten Weg in die Langbehnstraße sollen sie mit Rabattmarken entschädigt werden, die sie in ihrem Bioladen um die Ecke einlösen können.
„Obwohl die Nachfrage nach Bioprodukten wächst, sehen wir, dass sie an dem klassischen Naturkostmarkt vorbei geht“, sagt Geschäftsführer Robert Jarowoy. Seine Genossenschaft dient als Scharnier zwischen Produzenten wie dem Gut Wulfsdorf oder dem Hof Schümann, Großhändlern wie Naturkost Jähncke und Einzelhändlern wie Yeomen in Bahrenfeld oder dem Laden Natürlich Naturkost in Othmarschen.
Nach Angaben des „Bundesverbandes Naturkost Naturwaren Herstellung und Handel“ (BNN) konnte die Bio-Branche zwar ihren Rekordumsatz von 2001 im vergangenen Jahr fast halten. An dem Kuchen fressen jedoch immer mehr, vor allem große Anbieter mit. Mit Marken wie Füllhorn, Wertkost, Naturgut und Grünes Land bieten die großen Lebensmittelkonzerne ihre eigenen Biomarken an. Dazu kommen immer mehr große Läden bis hin zu Öko-Supermärkten wie der Naturkost-Markt in Bahrenfeld oder der Öko-Discounter Erdkorn im Univiertel.
Überdies halten in der Bio-Branche Praktiken Einzug, die bisher nur im konventionellen Handel üblich waren. So schickte der Öko-Großhändler Grell Naturkost seinen Lieferanten im vergangenen Sommer einen Brief, in dem er sie bat, einen Obolus zum Marketing eines Filialisten beizusteuern. Der Kunde wolle bis 2005 sieben große Naturkostmärkte mit einem Sortiment von 2500 Artikeln eröffnen. 1,5 Prozent vom Umsatz mit diesem Kunden sollten die Lieferanten in den Marketing-Topf für dessen „innovatives Filialkonzept“ einzahlen. Grell: „Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie an einer Listung interessiert sind.“
„Das hat die kleinen Läden sehr erbost, dass der Großhändler, der sie kaputt macht, auch noch gefördert werden soll“, sagt Jarowoy. Katrin Krause vom Bio-Markt Barmbek dagegen sieht diese Entwicklung gelassen. „Wir wollten Bio für alle, irgendwann mal“, sagt sie. Ihr Laden gehört allerdings zu den großen unter den kleinen und hat in seinem Stadtteil nicht mit viel Konkurrenz zu kämpfen. Den Supermärkten will sie mit Qualität und Transparenz begegnen. „Es passiert ganz selten, dass mir mal ein Kunde einen Preis von Erdkorn nennt“, erzählt sie.
„75 unserer Kunden sind Neukunden“, sagt Erdkorn-Gründer Thomas Hinz. „Das ist das, wofür ich angetreten bin.“ Die kleinen und großen Bioläden könnten gemeinsam wachsen, argumentiert der ehemalige Aldi-Manager, sofern die kleinen nicht versuchten, den großen auf derselben Ebene zu begegnen. Die kleinen Geschäfte könnten sich zum Beispiel spezialisieren. Dann wäre es möglich, dass sie von den zusätzlichen Bio-Kunden der Supermärkte profitierten.