: Die Vision vom Doppel-Nord
Hamburg und Schleswig-Holstein wollen noch enger zusammenarbeiten. Hochschulen, Landesbanken und Ostseepolitik sind Themen einer gemeinsamen Kabinettssitzung am Dienstag in der Hansestadt. Auch Nordstaat ist wieder in der Diskussion
von SVEN-MICHAEL VEIT
Die Vision vom gemeinsamen Doppel im deutschen Norden nimmt konkretere Züge an. „Weitreichende Entscheidungen“, so Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU), würden bereits am Dienstag getroffen werden. Dann kommt das gesamte rot-grüne Kabinett aus Kiel nach Hamburg, um mit dem Schwarz-Schill-Senat eine gemeinsame Sitzung im Rathaus abzuhalten. Eine enge Kooperation mit der Hansestadt sei „ein wesentlicher Schlüssel für die Zukunft“, findet auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). „Vielleicht“, orakelt sie, „kommt dabei irgendwann so etwas wie eine gemeinsame Regierung heraus.“
Allerdings noch nicht am Dienstag. Auf der Tagesordnung stehen zunächst mehrere Kooperationsprojekte, aber auch eine Fusion. Die Zusammenlegung der Landesbanken der beiden Bundesländer soll endgültig geregelt werden. Dadurch wird eine solidere Finanzpolitik der beiden pekuniär klammen Nordlichter erhofft.
Weitere Themen, bei denen die Positionen koordiniert werden sollen, sind Elbvertiefung und Autobahnprojekte. Dabei spielen die Ostsee-Autobahn A20 von Lübeck nördlich um Hamburg herum bis zu einem Elbtunnel bei Glückstadt sowie die Fehmarnbelt-Querung nach Dänemark die größten Rollen. Zudem soll sich die Ostseepolitik aufeinander abstimmen. Hamburg betrachtet inzwischen Lübeck als Hafenfiliale an der Ostsee, vor allem im Hinblick auf die EU-Erweiterung um die baltischen Staaten. Auch die Bewerbungen für Olympia 2012 stehen auf der Agenda (siehe Beitext).
Kooperationen werden aber auch in anderen Bereichen angestrebt. In der Diskussion ist eine gemeinsame Hochschulpolitik, die zu neuen Schwerpunktsetzungen führen könnte durch eine Arbeitsteilung zwischen Hamburg und den schleswig-holsteinischen Universitäten in Kiel, Lübeck und Flensburg. Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) hatte jüngst die Einrichtung gemeinsamer Finanzämter angeregt. Die Kfz-Steuer für ganz Norddeutschland könnte zentral in Kiel erhoben werden, die Grunderwerbsteuer in Hamburg und die Erbschaftsteuer in der niedersächsichen Hauptstadt Hannover, so Peiners Vorschlag. Das sei effektiver und billiger als drei getrennte Verwaltungen.
Simonis sprach sich gestern in Kiel nachdrücklich für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Hamburg aus. Das würde „Kosten sparen“ und zudem den Norden „national und international wettbewerbsfähig“ erhalten. Gegenüber der Idee eines Nordstaates äußerte sie sich jedoch reserviert: „Die Selbstabschaffung ist nicht das Ziel der Landesregierung“, stellte Deutschlands einizige Ministerpräsidentin klar.
Das sieht der Fraktionschef ihres grünen Koalitionspartners durchaus anders. Das Land müsse seine Stärken besser zur Profilbildung nutzen und auch auf einen Nordstaat hinarbeiten, schrieb Karl-Martin Hentschel gestern in einem Gastbeitrag im Flensburger Tageblatt. Das Land sollte zunächst Hamburg anbieten, eine Staatengemeinschaft zu bilden, empfiehlt Hentschel in dieser politisch sensiblen Frage. Ergebnis einer schrittweisen Entwicklung solle, so Hentschel, „ein Nordstaat sein“.