: Ärztestreik im Koma
Facharztverbände entscheiden heute, ob sie ihren Protest abbrechen. Geringe Beteiligung an Praxisschließungen
Mit den groß angekündigten Schließungen der Facharztpraxen könnte es kurz nach Beginn gleich wieder vorbei sein. Am heutigen Dienstagabend wollen die Chefs der Berufsverbände entscheiden, ob sie die Praxisschließungen überhaupt fortsetzen. Der Grund: die geringe Resonanz bei den Kollegen.
Denn wenige Tage nachdem die Facharztverbände aus Protest gegen die Reformpläne der rot-grünen Bundesregierung massive Praxisschließungen in der Hauptstadt angekündigt haben, ist der Ärztestreik offenbar fast vollständig eingeschlafen. Zwar legte die Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände (GFB) auch gestern keine Zahlen vor. „Die Akzeptanz scheint nicht allzu groß zu sein“, sagte jedoch GFB-Chef Albrecht Scheffler der taz. „Viele Ärzte hatten ihre Praxen geöffnet“, urteilte auch die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Annette Kurth. KV und GFB haben gemeinsam die Ärzteproteste organisiert.
Ursprünglich hatten die Fachärzte fünf Wochen lang täglich tausend Praxen geschlossen halten wollen. Dabei hatten sie auch auf Unterstützung von Haus- und Kinderärzten gehofft. Auch an den Hotlines, die KV und verschiedene Krankenkassen geschaltet haben, gingen bislang nur wenige Anrufe ein.
Warum die Beteiligung der Mediziner so gering ist, darüber können auch GFB und KV bislang nur spekulieren. „Die Solidarität unter den niedergelassenen Ärzten ist nicht sonderlich groß“, sagte KV-Sprecherin Kurth. Wer seine Praxis schließe, verzichte damit auf Einnahmen aus Leistungen, die die Patienten selbst zahlen müssten. Auch hätten Drohungen einiger Kassen die Ärzte eingeschüchtert. Die Kassenärztliche Vereinigung werde juristisch gegen die Betriebskrankenkasse Berlin vorgehen, sollte diese wie angekündigt pro Protesttag 30.000 Euro weniger an die KV überweisen.
SABINE AM ORDE