: Gemeindekellercombos zum Weinen
Nicht nur die sportliche Situation gibt Anlass für Tränen. Die musikalische Beschallung beim FC St. Pauli ist noch schlechter als der gebotene Fußball. Hoffen auf die GEMA
„Musik geht mir auf den Sack!“, hat der Schweizer Punk-Entertainer Guz vor rund acht Jahren auf einem seiner Soloalben proklamiert. Sich diese Zeilen ins Gedächtnis zu rufen, ist tröstlich für jene, die sich oft dort aufhalten, wo einem Musik am meisten auf den Sack geht: im Stadion.
Das ist auch am Millerntor so, was unter anderem daher rührt, dass man hier sehr regelmäßig mit Beiträgen von Fans konfrontiert wird, die glauben, ihre Liebe zum Verein auch noch musikalisch ausdrücken zu müssen. Beim letzten Heimspiel gegen Frankfurt wurde „Über sieben Trainer musst du gehen“ aus dem Archiv geholt, möglicherweise als Anspielung auf die Größe von Kaiser Franzls Kabinett mit fünf aktiven St. Pauli-Übungsleitern. Erstmals zu hören war eine andere Gemeindekellercombo, die „Polizisten“ von den vergessen geglaubten Extrabreit nachspielt und es „Paulizisten“ nennt. Es ist zum Weinen.
Warum Songs über den FC St. Pauli stets so klingen, als hätten die Macher ein Popmusik-Verständnis, das so zeitgemäß ist wie das der nordkoreanischen Landbevölkerung, ist bisher noch nicht ausreichend erforscht. Wenigstens ist das Niveau der Mannschaft auch jetzt noch höher als das der Lieder, die über sie gesungen werden.
Alles kann nur besser werden, wenn die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) wie Ende Januar angekündigt die Lizenzgebühren für die DFL von 200.000 auf 750.000 Euro erhöht. Schließlich hatte daraufhin sogar DFL-Boss Werner Hackmann mal ausnahmsweise einen klugen Gedanken: „Das machen wir nicht mit.“ In der Halbzeit also bald nur noch Werbung? Wäre doch ein Fortschritt. Stiege St. Pauli ab und gehörte nicht mehr der DFL an, würde sich das Problem allerdings wohl erneut stellen.
Guz hat im übrigen 1998 mit der Gruppe „Aeronauten“ das Lied „Weltmeister“ veröffentlicht, einen der wenigen guten Popsongs über Fußball. Bis Hackmanns Ankündigung auf Musik verzichten zu wollen wahr wird, darf der gern noch ein paar Mal laufen. René Martens
Die beiden ausgeliehenen brasilianischen Defensivspieler Nascimento und Chris haben vor dem Heimspiel am Sonntag gegen Lübeck ihre Spielberechtigungen von der DFL erhalten.