: Blauhelme auf, Blauhelme ab
Wenn aus Geheimplänen gemeinsame Ideen werden: Berlin rudert zurück
BERLIN afp/rtr/taz ■ Der angebliche deutsch-französische Geheimplan zum Einsatz von Blauhelmen zur Entwaffnung des Irak hat keine 24 Stunden überlebt. Nach der neuen Berliner Sprachregelung, gestern vorgetragen von Regierungssprecher Béla Anda, ist nun von „gemeinsamen Ideen“ die Rede, die Entscheidung über Blauhelmeinsätze ist wieder offen. Im Kern geht es um die Sondierung von Möglichkeiten, die Irakkrise unter dem Dach der UNO friedlich zu lösen.
Grundlage seien die Vorschläge des französischen Außenministers Dominique de Villepin in der vergangenen Woche im UN-Sicherheitsrat, sagte Anda. Dazu gehörten eine Verdreifachung der Zahl der UN-Inspektoren und die Verstärkung der technischen Aufklärungs- und Auswertungsmittel. Der Einsatz von Blauhelmen hänge wesentlich von der Beurteilung der Inspektoren ab. Ob Deutschland sich an der Umsetzung eines „robusten Mandats“ beteiligen würde, könne er noch nicht sagen: „Für solche konkreten Erwägungen ist es zu früh.“ Ziel sei nicht ein deutsch-französisches Vorgehen, sondern dass diese Ideen allen Mitgliedern des Sicherheitsrates offen stünden.
Am Morgen hatte Bundesverteidigungsminister Peter Struck Berichte über Blauhelmeinsätze vom Vortag relativiert. Entsprechende Meldungen entsprächen nicht den Realitäten, sagte er im Deutschlandfunk. Am Wochenende hatte Struck von einer deutsch-französischen Initiative zur Vermeidung eines von den USA angeführten Irakkriegs gesprochen. Ziel sei es, den Waffeninspektoren eine lückenlose Prüfung der irakischen Waffenprogramme zu ermöglichen. Auch die Beteiligung deutscher Soldaten an einem solchen Blauhelmeinsatz sei denkbar.
US-Außenminister Colin Powell wies die Vorschläge am Sonntag in mehreren Talkshow-Auftritten zurück. Es handele sich offenbar um ein Ablenkungsmanöver, das es Präsident Saddam Hussein ermöglichen würde, die vollständige Offenlegung seiner Massenvernichtungswaffen zu verzögern. „Was sollen diese UN-Blauhelme machen? Ihren Weg in die irakischen Anlagen frei schießen?“, sagte Powell gegenüber ABC. „Es geht nicht um mehr Inspektoren oder robustere Inspektionen. Es geht darum, ob der Irak die Bedingungen erfüllt.“
Auch in Deuschland stießen Strucks Äußerungen auf ein teilweise kritisches Echo. Exgeneralinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann bezeichnete die Blauhelmpläne gegenüber Spiegel online als unrealistisch. „Erfolg könnte eine solche Mission nur haben, wenn Saddam Hussein sich auf Inspektionen wirklich einlassen würde“, so Naumann. „Sich die Truppe vorzustellen in einem Land, dessen Regime seine Untergebenen anstachelt, sich den Untersuchungen zu widersetzen, das halte ich für eine mission impossibile.“ B.S.