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Archiv-Artikel

Ein Herzschrittmacher für Dackel Waldi

2,8 Milliarden Euro geben die Deutschen pro Jahr für Haustiere aus. Nicht nur für Futter, auch für teure Operationen

FRANKFURT/MAIN taz ■ Vom teuren Markenfutter über das Designerhalsband bis zum Herzschrittmacher – für die Vierbeiner sind Herrchen und Frauchen gern bereit, tief in die Tasche zu greifen: Deutschland ist mit rund 2,8 Milliarden Euro einer der bedeutendsten Märkte für Heimtierbedarf in Europa, soKlaus Oechsner, Präsident des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF).

22,2 Millionen Tiere leben in bundesdeutschen Haushalten laut dem Industrieverband Heimtierbedarf, Zierfische nicht eingerechnet. In 15 Prozent aller Haushalte in Deutschland lebt mindestens eine Katze, insgesamt sind es fast sieben Millionen. Hunde gibt es 4,7 Millionen. Dazu kommen mehr als fünfeinhalb Millionen Kleintiere wie Meerschweinchen oder Hasen. Außerdem kümmern sich die Bundesbürger um drei Millionen Aquarien und fünf Millionen Vögel.

Pro Jahr werden weltweit rund 25 Milliarden Euro ausgegeben, um die Haustiere fütten zu können, schätzen Experten. In den USA, so genauere Rechnungen, werden pro Hund oder Katze im Jahr 115 Dollar für Futter ausgegeben, in Deutschland zehn Dollar weniger. Da wundert es nicht, dass bei den Herstellern von Tiernahrung – darunter etwa Colgate-Palmolive, Heinz oder Procter & Gamble – mit dem Futter mittlerweile ein Achtel des gesamten Konzernumsatzes gemacht wird.

Immer mehr geben die Deutschen für die Gesundheit der Tiere aus: „Die Bereitschaft steigt, komplizierte Operationen an Tieren durchführen zu lassen“, sagt etwa Matthias Schneider, Tierarzt der Veterinärklinik in Gießen. Rund 8.000 Operationen werden jährlich an Tieren durchgeführt. Da werden Knochenbrüche oder Herzprobleme behandelt. Rund 30 Herzschrittmacher wurden in den vergangenen Jahren bei Hunden eingesetzt. Kosten pro Operation: bis zu 1.500 Euro. Hunden, egal ob Bernhardinern oder Dackeln, können auch künstliche Hüftgelenke eingesetzt werden.

Nicht nur für das körperliche Wohlbefinden den Vierbeiner sind die Tierbesitzer bereit, ihre Geldbörsen zu zücken. Hoch im Kurs stehen neuerdings Psychotherapien – beispielsweise gegen Trennungsängste und Jagdprobleme von Hunden. Die Kosten dafür liegen bei etwa 50 Euro pro Stunde.

Einen ganz anderen Beigeschmack bekommt die Tiergesundheit im Nutztierbereich. Nicht die Liebe zum Tier, sondern der Umsatz ist hier Motor: 481 Millionen Euro hat die Tiergesundheitsindustrie hierzulande im Jahr 2001 verdient. Davon entfielen 52 Prozent der Umsätze auf den Bereich der Nutztiere und 48 Prozent auf den Hobbytiersektor.

„So genannte Tiergesundheitsprodukte sind ein stetig wachsender Wirtschaftszweig“, schreibt die Vereinigung „Ärzte gegen Tierversuche e. V.“ auf ihrer Homepage. Weltweit würden jährlich etwa elf Milliarden Euro an Tierarzneimitteln umgesetzt, mit einer Steigerungsrate von jährlich drei bis vier Prozent. Der Tierarzneimittelmarkt mache knapp fünf Prozent des gesamten Volumens der Pharmaindustrie aus. NATHALIE HEINKE