: vorlauf bühne Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Wenn die großen Dramen nur noch auf den Bühnen der Weltpolitik spielen, fühlt man sich als Zuschauer noch hilfloser als sonst, wo man wenigstens aufstehen und das Theater verlassen kann. Und wenn man dann im Kopf bloß noch ein desorientiertes Dröhnen vernimmt, ist es vielleicht Zeit, mal wieder in die Volksbühne zu gehen, wo die Desorientierung des Zuschauers ein Mittel der Wahrheitsfindung ist: erst quält man sich, nachher sieht man klarer. Am Freitag beginnt die zweite Neustadt-Staffel mit einem Konzert von AGF und Vladislav Delay. Ab Samstag ist dann wieder René Polleschs privat-politische WTC-Parabel „24 Stunden sind kein Tag – Escape from New York“ zu sehen. Ans Herz legen möchten wir an dieser Stelle auch zwei Lesungen im Nachtcafé: zum einen liest Mittwoch dort Sophie Rois aus Erzählungen von Ingeborg Bachmann, Donnerstag folgt Silvia Rieger mit Gedichten von Paul Celan. Jetzt außerdem, da die Filmfestspiele vorüber sind, haben Filmleute auch mal für das Theater Zeit: „Notwendige Lehrjahre“ heißt ein Projekt des Maxim Gorki Theaters, wo sich fünf Regiestudenten auf der Bühne in fünf mal zwanzig Minuten mit Jürgen Böttchers 1961 gedrehtem Dokumentarfilm über die Behandlung schwer erziehbarer Jugendlicher in der DDR szenisch auseinander setzen (Donnerstag, Freitag, Studio). Am Mittwoch hat bei den Vaganten Rainer Behrends Inszenierung eines Stückes Premiere, das nach Hermann Brochs „Erzählung der Magd Zerline“ entstanden ist. Im Podewil kann man heute Abend (und am Donnerstag) noch einmal den Fassbinder-Abend der norton.commander.productions „Tropfen auf heiße Steine“ sehen, der musikalisch von Tarwater, Sarah Marrs und Rob Taylor unterstützt wird.