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Archiv-Artikel

Der Staatschef, den alle nur Tassos nennen

Der neue Präsident der griechisch geprägten Republik Zypern gilt bei den Zyperntürken als griechischer Ultra

Die US-Botschaft in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia hat ein Problem: Ein Mann, der wohl nicht ganz zufällig noch niemals zu Empfängen der Vertretung eingeladen wurde, ist am Sonntag zum Präsidenten der Republik Zypern gewählt worden. Tassos Papadopoulos (69), Parlamentsabgeordneter und Chef der „Demokratischen Partei“, errang mit Unterstützung von rechts wie links über 51 Prozent.

Doch auch auf Papadopoulos könnten Probleme zukommen. Nur zu gerne verweisen er und andere zyperngriechische Politiker auf die stattliche Zahl von UN-Resolutionen, die die türkische Besetzung Nordzyperns als illegal brandmarken. Doch der neue Präsident steht im Verdacht, selbst bei der Verletzung einer UN-Resolution tatkräftig geholfen zu haben.

Als die Vereinten Nationen im März 1998 aufgrund der Kosovo-Krise ein Waffenembargo gegen Jugoslawien verhängten, avancierte Zypern zu einem wichtigen Geldwäscheplatz. Im Auftrag der Anklage des Haager Kriegsverbrechertribunals hat der Spezialist Moerten Torkildsen die Spur von mehreren hundert Millionen Dollar verfolgt. Beteiligt: Tassos Papadopoulos. Die Kanzlei des wohlhabenden Rechtsanwalts half demnach in mindestens einem Fall bei der Gründung einer Belgrader Off-shore-Firma, mit deren Geldern Waffen in Israel und den USA erworben wurden. Papadopoulos dazu: „Wir sprechen hier nicht über schmutziges Geld. Es war Geld des jugoslawischen Staates, das transferiert wurde, um das US-Embargo zu brechen.“ Ein Embargo der USA hat es freilich nie gegeben.

Papadopoulos, auf der Insel von allen nur Tassos genannt, gehört zur Elite der zyperngriechischen Politiker, die seit mehr als 40 Jahren die Geschicke bestimmen. Als in London ausgebildeter Rechtsanwalt und führendes Mitglied der EOKA-Guerilla, die in den 1950er-Jahren für den Anschluss der britischen Kolonie an Griechenland focht, avancierte er schon im Alter von 25 Jahren 1959 zum jüngsten Minister im ersten Kabinett der unabhängigen Republik. Doch allzu viel Sympathie brachte er dem neuen Staat offensichtlich nicht entgegen: 1963 gehörte er als Vizechef der Geheimorganisation „Akritas“ an, die den politischen Kompromiss mit den türkischen Zyprioten aufkündigen wollte. Seitdem gilt er unter Zyperntürken als griechischer Ultra, dem nicht zu trauen sei. Aktivitäten griechischer wie türkischer Nationalisten mündeten 1963/64 in einen Bürgerkrieg, der die Insel entzweite – Grundlage für die spätere Teilung.

Als Arbeits- und Sozialminister führte Papadopoulos ab 1960 eine vorbildliche Sozialgesetzgebung ein. Später avancierte er zum harten Verhandler bei der Wiederannährung von Griechen und Türken. Den jüngsten UN-Vorschlag zur Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats hat Papadopoulos zunächst abgelehnt, im Wahlkampf versprach er härtere Verhandlungen als sein Vorgänger Klerides.

Am Sonntag bekannte er sich zum Friedensprozess, verlangte aber Nachbesserung: „Es ist unsere Pflicht, die Verhandlungen flexibel und mit gutem Willen fortzusetzen, um die notwendigen Verbesserungen des UN-Friedensplans zu erreichen“, sagte Papadopoulos auf seiner Siegesfeier. Und die Zyperntürken bat er, über ihn nach seinen Taten zu urteilen, nicht danach, was über ihn gesprochen wird.

KLAUS HILLENBRAND