: IWF-Chef mit privaten Zwischenfällen
Auf Seitensprünge ist das Wall Street Journal nicht spezialisiert. Doch an diesem Wochenende hat die US-amerikanische Finanzzeitung mit einer Affäre aufgemacht, die an der Spitze des Internationalen Währungsfonds spielt. Gegen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn laufen interne Ermittlungen, um sein Verhalten zu einer ungarischen Exgeliebten aus der Afrika-Abteilung zu klären.
Auf dem 59-jährigen Franzosen lasten zwei widersprüchliche Verdächtigungen: Laut der einen soll er Piroska Nagy nach dem Ende der Affäre zur Kündigung gedrängt haben. Laut der anderen habe er sie zu großzügig abgefunden. Sollte sich eine der beiden Verdächtigungen bestätigen, könnte Strauss-Kahn zum Rücktritt gezwungen sein. Strauss-Kahn, der den IWF seit einem Jahr leitet, nennt seine Affäre mit Piroska Nagy lapidar einen „Zwischenfall in meinem Privatleben im Januar“. Machtmissbrauch bestreitet er. Die Anwälte der Ungarin, die inzwischen für die Europäische Entwicklungsbank in London tätig ist, bestätigen: Es habe keinen Druck oder keine erhöhte Zahlung gegeben.
Strauss-Kahn lernte die Ungarin im vergangenen Jahr in Washington kennen. Im Januar kamen sie sich beim Weltwirtschaftsforum in Davos näher. Als der Ehemann der Geliebten, der Exchef der argentinischen Zentralbank, eine kompromittierende Mail auf ihrem Blackberry entdeckte, ging das Verhältnis zu Bruch. Wie Strauss-Kahns Gattin reagierte, ist nicht bekannt. Dafür entdeckten mehrere IWF-Mitglieder schon im Sommer das Potenzial des Verhältnisses. Ein russischer Vertreter, dessen Land versucht hatte, die Wahl von Strauss-Kahn an die Spitze des IWF zu verhindern, brachte die Sache zusammen mit einem Ägypter ins Rollen. Sie beauftragten ein Anwaltsbüro. Strauss-Kahn erklärte sich zur Auskunft bereit.
Politisch wurde die Affäre erst auf dem Höhepunkt der Bankenkrise, vor allem in den USA. In Frankreich ist der Umgang mit Seitensprüngen von Politikern nonchalanter. Der Pariser Regierungssprecher lobte am Sonntag die Arbeit von Strauss-Kahn im IWF. Vor einem Jahr hatte der rechte Staatspräsident Nicolas Sarkozy den Sozialdemokraten Strauss-Kahn für den IWF empfohlen. Er räumte in Paris so einen politischen Gegner aus dem Weg. Die EU stellte sich hinter Strauss-Kahn, der Ende der 90er-Jahre als Pariser Finanzminister den Euro-Stabilitätspakt rettete.
Der Brüssel-Korrespondent der Libération erkannte schon vor Strauss-Kahns Entsendung dessen Risikopotenzial im Raum der angelsächsischen Moral: „Das Problem ist sein Verhältnis zu Frauen.“ US-Amerikanische Medien berichten schon von einer weiteren Geliebten. DOROTHEA HAHN