Gute Miene zum Rechtsaußen

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi kommt nach Bremen. „Das freut niemanden“, sagen die Sozis. Grüne und CDUler sind „kein Freund“ des umstrittenen Gastes. Henning Scherf sagt: „Herzlich willkommen.“

taz ■ Ausgerechnet Silvio Berlusconi. Der rechtskonservative Ministerpräsident Italiens (Forza Italia), ausgewiesener Befürworter eines Irak-Krieges und von Bürgerrechts-Organisationen wegen seiner plumpen Versuche, sich die Justiz vom Leibe zu halten, verschrien, will sich am 6./7. März im Bremer Rathaus mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) treffen. Wahlkampfhilfe für die Sozen? „Eine denkbar ungeeignete Gelegenheit“, sagt Wolfgang Grotheer, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Bremen-Stadt. Und: „Ich habe in der Partei niemand getroffen, der sich darüber freut.“

„Berlusconi ist uns herzlich willkommen“, lässt dagegen Bürgermeister Henning Scherf (SPD) seinen Sprecher verkünden. „Natürlich versuchen wir, gute Gastgeber zu sein.“ 25 Jahre ist es her, dass Bremen zuletzt Schauplatz eines Regierungstreffens war: 1978 besiegelten Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und der französische Präsident Giscard d’Estaing hier die Einführung des europäischen Währungssystems. Seither ließ sich kein Premier mehr an der Weser blicken. Der jetzt bevorstehende Besuch Berlusconis, sagt Rathaus-Protokollchefin Birgit Rambalski, sei „insofern eine Ehre“. Man arbeite schwer daran, Bremen in gutem Licht erscheinen zu lassen.

Was das Auswärtige Amt und Schröder bewogen hat, nun gerade den skandalumwitterten Rechtsaußen Berlusconi zur Wahlkampfzeit ins eher rote Bremen einzuladen, ist unklar. Klar aber ist: Bremen hat Ja gesagt. Gegen ihren Willen, bestätigt das Ministerium in Berlin, werde keine Stadt ausgewählt.

Positive Einflussnahme ist ebenso möglich: Hamburg etwa hatte sich im letzten Jahr erfolgreich um die Tagung des Ostseerates beworben. Und Berlusconis Bremen-Besuch? „Wir haben auch einen guten Draht nach Berlin“, sagt Senats-Sprecher Schloesser. CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff, selbst „kein Freund“ von Berlusconi, drückt es anders aus: „Wir können froh sein, wenn wir überhaupt einen Staatsbesuch kriegen.“

Neben Schröder und Berlusconi, so viel steht schon fest, werden sich auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Innenminister Otto Schily (SPD) mit ihren italienischen Amtskollegen in Rathaus, Bürgerschaft und Schütting treffen. Die frisch renovierte Rathausfassade, so die Vision der Stadt-Vermarkter, flimmert dann europaweit über die Bildschirme – höchstwahrscheinlich mit Militärparade davor. Denn dass das obligatorische Soldatenspalier tatsächlich, wie zwischenzeitlich vorgeschlagen, schon am Flughafen steht, glaubt niemand mehr so richtig. „Wir gehen davon aus, dass das auf dem Marktplatz stattfindet“, bestätigt Rambalski.

GegnerInnen der Politik Berlusconis sehen dabei rot. Der italienische Regierungschef, sagt etwa Hartmut Drewes vom Bremer Friedensforum, sei nicht nur zusammen mit Jörg Haider (Österreich), Jean-Marie Le Pen (Frankreich) und dem vor einem Jahr ermordeten Pim Fortuyn (Niederlande) für den Rechtsruck in Europa verantwortlich; er koaliere mit der faschistischen Alleanza Nazionale und unterstütze zudem die Kriegspolitik von US-Präsident George W. Bush. Drewes: „Da kommt Alles zusammen.“ Stadtamts-Leiter Hans-Jörg Wilkens rechnet mit „ein paar Tausend Gegendemonstranten.“

„Berlusconi ist gefährlicher als Haider“, sagt der SPD-Abgeordnete und Italienkenner Horst Isola. Der Regierungschef, den Isola in einer Bürgerschaftssitzung schon mal als „hochkriminelle Person“ bezeichnet hat, sei „aus demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht eine Zumutung“. Erst kürzlich etwa hatte Berlusconi eigens ein Gesetz verabschieden lassen, um einen Prozess gegen ihn an ein ihm wohlgesonneneres Gericht zu verlegen. „Berlusconi ist für uns Sozialdemokraten kein Vorbild“, betont Grotheer.

Die Vermischung von privaten und öffentlichen Interessen wirft auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert Berlusconi vor. Zu Demonstrationen gegen den Staatsbesuch werde man aber nicht aufrufen. Regierungskonsultationen, sagt Linnert, seien Sache der Außenpolitik. SPD-Mann Isola wird deutlicher: Die BremerInnen könnten Berlusconi schon signalisieren, dass er hier „unerwünscht“ sei. Armin Simon