Neusser SPD verleugnet ihren Namen

SPD-Bürgermeisterkandidat in Neuss verzichtet auf das Parteilogo. Dafür bekommt er Hilfe von FDP und Grünen

NEUSS taz ■ Um ein Debakel bei der Kommunalwahl zu vermeiden, verleugnet die Neusser SPD ihren Namen. Zur Direktwahl des Bürgermeisters tritt in der CDU-Hochburg mit dem 49-jährigen Unternehmensberater Dieter Koenemann ein Sozialdemokrat an – doch der Parteiname wird am 26. September nicht auf dem Wahlzettel stehen. „Die SPD gibt es seit 114 Jahren in Neuss, die Erfolge halten sich in Grenzen“, erklärt Parteichef Benno Jakubassa die ungewöhnliche Maßnahme. Dass der Kandidat Genosse sei, wüßten die Wähler auch ohne den Zusatz SPD.

Die Leugnung des Parteinamens verdeutlicht die Verzweiflung der Sozialdemokraten. Seit dem Krieg drücken die Genossen in der 150.000-Einwohner-Stadt die Oppositionsbänke. Die CDU dominiert das Leben in der Provinzkommune am Niederrhein bis in die feinsten gesellschaftlichen Verästelungen. Während die SPD in Nachbarstädten wie Düsseldorf und Krefeld wenigstens phasenweise was zu sagen hatte, verharren die Roten in Neuss in der Bedeutungslosigkeit. „Das ist hier schlimmster schwarzer Filz“, sagt ein führender Sozialdemokrat und klingt verbittert. Bei der letzten Kommunalwahl 1999 siegte Christdemokrat Herbert Napp souverän im ersten Wahlgang und sitzt seitdem im Neusser Rathaus – gestützt wird der Bürgermeister von einer absoluten CDU-Mehrheit im Rat. „Diesmal wirds noch schlimmer“, befürchten Genossen. Das chronische Tief der Sozialdemokratie in Bund und Land könnte der Neusser SPD im Herbst das schlimmste Ergebnis ihrer Geschichte einbringen.

„Wir brauchen einen großen Zusammenschluß“, sagt Michael Klinkicht, Fraktionssprecher der Grünen in Neuss. Die Öko-Partei unterstützt den SPD-Kandidaten Koenemann ebenso wie die FDP. „Das ist ein klüngelfreier Kandidat“, erklärt FDP-Chefin Heide Broll die seltene Parteienallianz. Koenemann soll konservative Stammwähler ansprechen. Zwar gehört er seit 27 Jahren der SPD an, doch stammt der Familienvater aus einer alteingesessenen Neusser Familie. „Nur mit einem Bündnis kann man gegen die Allgäuer Verhältnisse hier angehen“, sagt der Grüne Michael Klinkicht.

Um seine Überparteilichkeit zu betonen, lässt sich der unabhängige SPD-Kandidat Koenemann mit Unterschriften von Grünen und FDP zur Wahl vorschlagen. Eine Zusammenarbeit im Stadtrat haben die drei Parteien nicht vereinbart. Ein Oppositioneller zur taz: „Die CDU holt doch sowieso wieder die absolute Mehrheit.“ MARTIN TEIGELER