: Buckel für den Wal?
Stadthallen-Umbau ist eine „Fehlkalkulation“, sagen die Architekten. Und fordern ein paralleles Plan-Verfahren
Die letzten Gäste waren noch gar nicht im Saal, da war Thomas Klumpp schon wieder draußen. Der Universum-Architekt hat die Pläne zum Umbau der Bremer Stadthalle entworfen, und um genau diesen Umbau ging es am Donnerstagabend bei der von der Bremer Architektenkammer organisierten Diskussion im Fokke-Museum. Klumpp aber setzte zur Medienschelte an – sehr zum Unwillen des Publikums. „Das war’s dann“, sagte der Architekt und verschwand. „Alles Taktik“, rief es aus dem Saal.
Michael Göbel, Geschäftsführer der Hanseatischen Veranstaltungs GmbH (HVG) musste vor 150 ZuhörerInnen daher alleine rechtfertigen, warum der Umbau des berühmten Bauwerks nötig und Klumpps Pläne die Besten seien. Er baute erst einmal vor: Die Kritik komme viel zu spät, der Umbau sei längst beschlossen, die HVG nur „ausführendes Organ“. Er urteile zudem nicht ästhetisch, sondern „funktional-betriebswirtschaftlich“.
Wolfgang Hübschen, Vize-Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten (BDA), konterte: Der geplante Umbau, der die Kapazität der Halle auf rund 14.000 Sitzplätze erhöhen soll, sei nicht nur architektonisch untragbar, sondern auch eine wirtschaftliche Fehlkalkulation. Der Bau der Preussag-Arena in Hannover etwa habe 5.000 Euro pro Platz gekostet, für die Erweiterung der Kieler Ostseehalle seien 7.500 Euro pro Platz investiert worden. Die 3.800 Stühle mehr in der Stadthalle würden den Bremer Haushalt dagegen mit mehr als 12.000 Euro pro Platz belasten. „Da muss man vielleicht nochmal prüfen, ob das gerechtfertigt ist“, sagte Hübschen. Zumal die „wenigen Großveranstaltungen“ noch nicht einmal die Haupt-Einnahmequelle darstellten.
Göbel rechnete anders. Eine Kapazitätserweiterung sei in jedem Fall notwendig, um Bremens „super Position“ zu halten. „Sonst können wir uns mit Oldenburg messen.“ Von den drei Varianten aber – Abriss und Neubau, Neubau an anderer Stelle oder Umbau – sei der Umbau mit 50 Millionen Euro eindeutig am Billigsten und regionalwirtschaftlich gesehen auch rentabel. taz-Redakteurin und Moderatorin Elke Heyduck fasste nach: Ob es ihn nicht „vorsichtiger“ mache, wenn der Rechnungshof in seinem Bericht darauf hinweise, dass die prognostizierten regionalwirtschaftlichen Effekte bei Bremens Sanierungsprojekten bisher ausgeblieben seien? Göbel führte den Erfolg der Messehallen 4-6 an: „Was versprochen wurde, ist schon weitgehend erreicht.“
Unter großem Applaus forderte Erich Schneider-Wessling, Gründer des Aufbaustudiengangs „Reale Architektur“ an der Akademie der Künste in München, zumindest parallel zu den bereits laufenden Ausschreibungen endlich einen Wettbewerb auszuloben. Komme dabei eine bessere Variante heraus als der jetzt verfolgte Umbau, könne man immer noch umsteuern.
Angenommen, jemand käme auf die Idee, das von Klumpp entworfene Universum zwecks Kapazitätserweiterung mit einem Aufbau zu versehen, stachelte ein Zuhörer dann doch noch ins ästhetische Fleisch: Ob der Architekt dann wohl zulassen würde, den Wal zum Buckelwal zu machen? Klumpp selbst konnte die Frage leider nicht mehr beantworten. Göbel aber zuckte mit den Schultern: warum nicht? sim