: Andere Länder, andere Sitten
Die Hersteller von Windenergieanlagen und Projektierer von Windparks suchen neue Märkte, vorzugsweise durch Export ins Ausland. Eine wichtige Voraussetzung sind günstige politische Rahmenbedingungen. Wir stellen sechs Länder vor
Die Flächen für Windenergieanlagen in Deutschland werden knapper. In der Branche wird bereits nach Kompensationsstrategien gesucht. Fünf grundsätzliche Vorgehen zeichnen sich ab: Repowering (Ersatz älterer durch größere neue Anlagen), Diversifizierung (Ausweitung auf andere Geschäftsfelder), Offshore (Nutzung von Windenergie auf dem Meer), Innovationen (neue Einsatzmöglichkeiten der Windenergie) und, vermutlich am häufigsten gewählt, die Expansion auf Auslandsmärkte.
Die wichtigste Voraussetzung, die für ein Windenergieunternehmen gegeben sein muss, um auf einem neuen Markt aktiv zu werden, sind – neben guten Windverhältnissen – günstige politische Rahmenbedingungen zur Förderung der Windenergie, da die regenerative Quelle in den meisten Fällen noch nicht wettbewerbsfähig zu konventionellen Energieträgern ist. Die Entscheidung für ein bestimmtes Land ist für die Unternehmen schwer, denn die jeweiligen Fördersysteme unterscheiden sich erheblich, sind oft kompliziert und bieten nicht immer die nötige Investitionssicherheit.
Großbritannien
Seit April 2001 gibt es auf der Insel eine Mindestquote für erneuerbare Energien, die die Stromversorger einhalten müssen. Erreichen können sie die Quote, die bis 2010 auf etwa zehn Prozent steigen soll, durch den Kauf von handelbaren Zertifikaten, so genannten Renewable Obligation Certificates (ROC). Die ROC werden von der britischen Gas- und Strom-Regulierungsbehörde an die Erzeuger grünen Stroms vergeben, ihr Preis bildet sich durch Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Unterschreitet ein Versorger die vorgeschriebene Quote, muss er Strafe zahlen, etwa 0,048 Euro pro Kilowattstunden. „Ob sich der Preis der ROC in einer Höhe einpendeln wird, die einen wirtschaftlichen Betrieb von Windparks zulässt, muss noch abgewartet werden“, meint Klaus-Peter Lehmann vom Ingenieurbüro Elexyr in Hamburg, das Firmen berät, die nach England und Irland expandieren wollen. Wie auch in Dänemark, wo die Einführung eines Zertifikatssystems mehrfach verschoben wurde, zeichnet sich das britische Fördermodell dadurch aus, das es relativ kompliziert ist und viele Unwägbarkeiten für die Marktakteure enthält.
Irland
In Irland hat das Ministerium für Kommunikation, marine und natürliche Ressourcen (Department of Communication, Marine and Natural Resources) bisher fünf Ausschreibungsrunden für Windstrom mit einem Gesamtvolumen von 474 Megawatt (MW) durchgeführt. Die sechste Ausschreibungsrunde soll in den nächsten Wochen verabschiedet werden.
Frankreich
Die französische Nationalversammlung hat im Juni 2001 ein Stromeinspeisungsgesetz verabschiedet, das Windenergieanlagenbetreibern von Parks mit bis zu zwölf MW Leistung eine Vergütung in Höhe von 8,38 Euro-Cents garantiert, was in etwa dem Niveau des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) entspricht. Die Vergütung wird fünf Jahre lang fest gezahlt, danach differiert sie in Abhängigkeit vom Anlagenertrag zwischen 3,05 Cent pro Kilowattstunde (kWh) – bei jährlich über 3.600 Volllaststunden pro Anlage – und 8,38 Cent (2.000 Volllaststunden).
Japan
Die Regierung hat beschlossen, bis 2010 eine Onshore-Windenergieleistung von 3.000 MW zu installieren. Zurzeit vergibt sie Zuschüsse in Höhe von 30 Prozent der gesamten Projektkosten, die beim Ministry of Economy, Trade and Industry beantragt und über die New Energy and Industrial Technology Development Organization ausgezahlt werden. Zusätzlich hat die Regierung die Energieversorger Mitte letzten Jahres verpflichtet, einen Anteil von rund einem Prozent grünen Strom in ihr Portfolio aufzunehmen. „Leider gilt auch Energie aus Müllverbrennungsanlagen als grüner Strom, und damit ist die Quote von einem Prozent fast voll“, kritisiert Christoph Kuhrt, Geschäftsführer der Firma EOS Energy, die in Japan aktiv ist. In Japan gibt es keine staatlich festgelegte Einspeisevergütung. Betreiber von Windparks (Independant Power Producer) müssen einen individuellen Einspeisevertrag mit den Energieversorgern abschließen, um den Windstrom in das öffentliche Netz einspeisen zu können. Inzwischen habe sich jedoch eine Vertragsdauer von etwa 17 Jahren und eine Vergütung zwischen 8,5 und 9 Cent pro Kilowattstunde eingependelt, berichtet Kuhrt. „Dass das Kioto-Protokoll im Land ausgehandelt wurde, hat zur Sensibilisierung der Energieversorger beigetragen.“ Nach Einschätzung vieler Experten ist es für Nicht-Japaner ohne einen Kooperationspartner im Land unmöglich, dort Fuß zu fassen.
USA
In den Vereinigten Staaten wird die Windenergie über ein steuerliches Anreizsystem gefördert, den so genannten Production Tax Credit (PTC), der eine Steuerbefreiung in Höhe von etwa 1,5 US-Cent pro produzierter kWh Windstrom gewährt. Der PTC gilt bis Ende 2003. Während letztes Jahr noch eine Verlängerung bis 2006 diskutiert wurde, ist dieser Plan inzwischen auf Eis gelegt. In der Folge hat Hersteller Vestas bereits die Entlassung von bis zu 500 Mitarbeitern angekündigt und den Bau einer Fabrik in Oregon zurückgestellt.
China
Das Land hat ein ehrgeiziges Programm beschlossen: Bis zum Jahr 2010 sollen 23 von derzeit 60 Millionen ohne Stromanschluss lebende Chinesen mit Strom aus Windenergie und Photovoltaik versorgt werden. Als Investitionsanreiz hat die Regierung seit diesem Jahr den Mehrwertsteuersatz auf Windstrom halbiert. Damit soll die Kilowattstunde weniger als 0,5 Yuan kosten (etwa sechs Euro-Cent). Laut Paul Suding von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit wird ein Einspeisevertrag zwischen Windstromproduzent und Energieversorger individuell ausgehandelt.
Gesetzliche Regelungen wie das deutsche EEG, die einen bestimmten Einspeisetarif für Windstrom festschreiben, existieren in Österreich (7,8 Cent pro kWh für 13 Jahre), in Spanien (0,62 Cent pro kWh oder Marktpreis plus eine Prämie von 0,26 Cent pro kWh), in Portugal und in Südkorea. Brasilien hat ebenfalls eine Einspeiseregelung verabschiedet, für die die Umsetzungsbedingungen aber noch nicht feststehen. NICOLE PAUL