: Ein Zirkusstar als Mugabes Zeuge
Simbabwe verfolgt gebannt den Prozess gegen seinen Oppositionschef Tsvangirai
HARARE taz ■ Jeden Tag fährt am Hinterausgang des High Court ein grauer Landrover mit getönten Scheiben vor. Vier schwer bewaffnete Polizisten steigen aus, in ihrer Mitte einen korpulenten Anzugträger, der ganz schnell im Gerichtsgebäude verschwindet, damit es niemand merkt. Er könnte sich die Mühe sparen, denn erstens ist der Hinterausgang für das Publikum gesperrt und zweitens weiß sowieso jeder, um wen es sich handelt.
Ari Ben-Menashe, ehemaliger Geheimdienstler aus Israel und früherer Berater des simbabwischen Präsidenten Mugabe, ist der Hauptbelastungszeuge im laufenden Prozess gegen Oppositionsführer Morgan Tsvangirai. Der Führer der Oppositionspartei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) ist zusammen mit MDC-Generalsekretär Welshman Ncube und MDC-Agrarsprecher Renson Gasela wegen Landesverrats angeklagt – darauf steht die Todesstrafe. Angeblich sollen sie geplant haben, Mugabe umzubringen.
Das Verfahren wurde vor einem Jahr angestrengt, kurz vor den Wahlen, die Mugabe schließlich per Manipulation gewann. Es beruhte auf einem Videoband, auf dem vier Männer, angeblich die Angeklagten, mit Ben-Menashe angeblich die Ermordung Mugabes diskutieren. Der Israeli arbeitete damals für die kanadische Politikberatungsfirma Dickens & Madson und behauptete, ein Vertreter Tsvangirais sei Ende 2001 in London mit der Mordidee auf ihn zugekommen. Er habe ein Treffen arrangiert und es heimlich filmen lassen. Daraufhin wurde Tsvangirai angeklagt. Der bestritt die Anschuldigung, gab aber ein Treffen mit Ben-Menashe zwecks Lobbyarbeit zu.
Jetzt läuft der Prozess, und zwei Wochen lang stand nun Ben-Menashe im Kreuzverhör. Ganz Harare steht im Bann seiner täglichen Starauftritte vor Gericht. Journalisten, Diplomaten, Anwälte und MDC-Anhänger drängeln sich im Gerichtssaal. Viele kommen frühmorgens, um noch einen Sitz zu ergattern.
Ben-Menashes Aussagen sind abenteuerlich. Auf den Videobändern ist, wie das Gericht feststellte, nichts zu hören, so dass sie als Beweismittel nicht taugen. Nun erzählt der Israeli Geschichten: Luftwaffenchef Perence Shiri war in die Putschpläne eingeweiht, die Regierungen Sambias und der Demokratischen Republik Kongo sollten als Mittäter gewonnen werden.
Die Verteidigung ist unbeeindruckt. Nichts von all dem habe Ben-Menashe zuvor den Ermittlern gesagt, so Chefverteidiger George Chapwanya: „Die ganze Sache wird zu einem Zirkus.“
Der Israeli, der sonst immer lächelt, ist jetzt ziemlich müde, schwitzt reichlich und schimpft. Vor einigen Tagen beantragte er, wegen „dringenden familiären und geschäftlichen Angelegenheiten“ nach Kanada reisen zu dürfen. Richter Garwe lehnte ab.
Die Regierung lässt sich das Verfahren einiges kosten. Ben-Menashe wohnt auf Staatskosten in der Präsidentensuite des Fünfsternehotels Sheraton – Übernachtungspreis 900 US-Dollar pro Tag. Er wird rund um die Uhr bewacht. Zugleich steht die Hälfte der simbabwischen Bevölkerung nach UN-Schätzungen vor einer Hungersnot.
Ben-Menashe ist umstritten. Die Verteidigung bezeichnete ihn vor Gericht als „internationalen Schwindler“. Sie legte Dokumente vor, wonach der Israeli bei Wahlkämpfen in den USA und Australien verleumderisch eingegriffen habe. So habe er einmal behauptet, Australiens Labour-Partei sei mit Millionensummen von Waffenhändlern bestochen worden – ohne Beweise. Er habe 7,2 Mio. Euro der simbabwischen Regierung, mit denen er Mais importieren sollte, in die eigene Tasche gesteckt. Er sei in illegalen Handel mit kongolesischen Diamanten verwickelt. Viele Beobachter sind überzeugt, Simbabwes Regierung habe Ben-Menashe bezahlt, um Tsvangirai zu diskreditieren, und die Opposition fordert eine Offenlegung der Geschäftsbeziehungen zwischen die Regierung und Ben-Menashes Firma.
Vor wenigen Tagen wurde im Gerichtssaal ein Oppositioneller verhaftet, als er auf den Zeugen zustürmte und ihn anschrie. „Du kommst her und lügst!“ schrie der MDC-Aktivist. „Wegen dir verhungern Leute in Simbabwe.“ Ben-Menashe selbst nimmt das Verfahren weniger ernst. „Wie oft haben Sie auf eine Frage vor Gericht ‚Weiß ich nicht‘ geantwortet?“, wurde er neulich gefragt. „Weiß ich nicht“, antwortete Ben-Menashe. GODFREY KARORO