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Archiv-Artikel

Mindestlohn für Zeitarbeit vereinbart

Tarifeckpunkte für Leiharbeit im Westen: Arbeitslose sollen mindestens 6,85 Euro in der Stunde bekommen

BERLIN taz ■ Arbeitgeber und Gewerkschaften haben in der Zeitarbeitsbranche erstmals einen Mindestlohn vereinbart. Hilfskräfte, die lange arbeitslos waren oder aus anderen Gründen schwer vermittelbar sind, bekommen von ihrer Zeitarbeitsfirma in den westlichen Bundesländern mindestens 6,85 Euro brutto die Stunde.

Der Stundensatz gehört zu den Eckpunkten eines Tarifvertrages für die Zeitarbeitsbranche, die zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und dem Bund für Zeitarbeit (BZA) vereinbart und gestern vorgestellt wurden. Der erste flächendeckende Tarifvertrag, in dem die Eckpunkte umgesetzt werden, soll bis Ende Mai ausgehandelt werden.

Die Stundensätze sind wichtig, weil Zeitarbeitsunternehmen ab Januar 2004 entweder laut Tarifvertrag entlohnen oder ihren Leiharbeitern die gleiche Bezahlung gewähren müssen wie der Stammbelegschaft im Entleihbetrieb. Auch die Personalservice-Agenturen (PSA) bei den Arbeitsämtern sollen sich nach dem Tarifvertrag richten.

Die Eckpunkte sehen verschiedene Entgeltgruppen vor, in die Leiharbeitnehmer künftig aufgeteilt werden. Die unterste Entgeltgruppe beinhaltet Un- und Angelernte, dann kommen junge Facharbeiter, dann Facharbeiter mit Erfahrung und schließlich Hochqualifizierte. Für Un- und Angelernte soll der Brutto-Stundenlohn in der Regel 8,40 Euro, für Facharbeiter 10,60 Euro betragen. Zum Vergleich: In der Metall- und Elektroindustrie sieht die unterste Lohngruppe für Leute ohne Berufsausbildung in Hessen einen Stundensatz von 9,67 Euro vor.

Falls Arbeitnehmer ein „Vermittlungshemmnis“ haben, also beispielsweise lange erwerbslos waren, gilt für sie der Mindestsatz von 6,85 Euro – zumindest für einen noch nicht genauer definierten Zeitraum, hieß es gestern beim DGB. Die genannten Sätze gelten für den Westen, für den Osten wird noch verhandelt, erklärte der Chef des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA), Jürgen Uhlemann. Der Tarifvertrag soll im Januar 2004 in Kraft treten.

Der Tarifexperte beim DGB, Reinhard Dombre, betonte, dass die bisher vereinbarten Regelsätze Teil eines Gesamtpaket seien, dessen Details noch nicht feststünden. So sollen auf die Regelsätze je nach Branche noch Zuschläge vereinbart werden, über die man noch verhandle.

Uhlemann vom BZA kritisierte gestern die geplanten Personalservice-Agenturen bei den Arbeitsämtern. Die Vorgabe, dass diese Agenturen vornehmlich Leute mit „individuellen Vermittlungshemmnissen“ beschäftigen müssten, sei zu streng. Für eine private Zeitarbeitsfirma lohne sich nur eine Mischung aus leicht und schwerer zu vermittelnden Beschäftigten.

Die BZA vertritt 1.600 Mitgliedsbetriebe mit etwa 100.000 Arbeitnehmern. In der gesamten Zeitarbeitsbranche sind 270.000 Menschen beschäftigt. 60 Prozent von ihnen hatten vorher keine Arbeit, 10 Prozent waren sogar langzeitarbeitslos. Laut Statistik findet jeder dritte Zeitarbeiter anschließend in einem Entleihbetrieb eine feste Stelle.

BARBARA DRIBBUSCH