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Archiv-Artikel

„Bleiberecht“ bis 2017

Ein Stadtteilkino trotzt prognostizierten Kinopleiten: Mit einem Festprogramm, schwerpunktmäßig am Wochenende, begehen die Zeise-Kinos in der Friedensallee ihr zehnjähriges Bestehen

von GERD BAUDER

„Ich liebe das Kino sehr“, erklärt Sabine Matthiesen so lapidar wie bestimmt ihre Motivation, die Zeise-Kinos in Ottensen zu leiten. Sie tut dies seit zehn Jahren, also von der Stunde null des Programmkinos an. Und dank ihres steten Glaubens an das Projekt hat sie gemeinsam mit ihrem Team, gegen einigen Widerstand und so manche finanzielle Not, ihr Kino fest in der Hamburger Filmlandschaft etabliert.

Als am 4. März 1993 mit Detlev Bucks Wir können auch anders der erste Film über die Zeise-Leinwände flimmerte, belächelte manch Medienkenner die Unternehmung. Rückblickend ist indessen Matthiesens Rechnung aufgegangen. Von Anbeginn arbeitete sie in den Stadtteil hinein, kooperierte mit Museen oder der Fabrik und versuchte das Programm am Publikum auszurichten. „So ist es uns gelungen“, sagt Matthiesen, „Zuschauer zu binden, die das Zeise als ihr Kino verstehen. Das Zeise ist ein echtes Stadtteilkino.“ Das ist wohl der Schlüssel zum Erfolg: dadurch sind weder die Multiplexe noch das ähnlich ausgerichtete Abaton oder das 3001 eine Konkurrenz. Auch der langjährige Mietstreit mit der Verwaltung der Zeisehallen ist seit letzten März beigelegt. Dem Kino ist vom Bundesgerichtshof ein „Bleiberecht“ bis 2017 zugesichert worden. Und so blickt man zum zehnjährigen Bestehen optimistisch in die Zukunft.

Zum Jubiläum gönnt das Zeise sich und seinem Publikum daher auch ein großes Festprogramm. Zum einen läuft das Jubiläumsfilmprogramm „Zehn Jahre, zehn Filme“ mit Klassikern wie 2001, Kurz und schmerzlos und Chunking Express. Zum anderen findet zwischen dem 27. Februar und dem 4. März das Lange Jubiläumswochenende statt.

Den Start hierzu markiert am Donnerstag Die Spur der roten Fässer. Der Kinderkrimi führt die Kleinen spannend an das Thema Umweltverbrechen heran. Im Anschluss daran dürfen sie sich als Detektive auf eine Umweltralley durch Ottensen begeben. Abends können die Erwachsenen schließlich die 4. Hafennacht im Zeise feiern. Nach einem maritimen Rahmenprogramm mit Musik und Lesung gibt es den Film Schiffsmeldungen. Darin kämpft sich Kevin Spacey als Loser überzeugend durch den Morast bürgerlicher Familienbande. Freitag geht es weiter mit einer Preview: Lampedusa erzählt vom Wahnsinn der Normalen: Grazia wird auf Druck einer sizilianischen Dorfgemeinschaft für verrückt erklärt. Im Spätprogramm folgt noch Der Vorführeffekt, eine sehenswerte Doku über das Leben und Werken von (Hamburger) Filmvorführern.

Samstag dann führt der Geräuschemacher Andreas Lück in sein Metier ein: ein „Vergnügen für Alt und Jung“, mit so mancher Überraschung, wo die Geräusche in Filmen überhaupt herkommen. Abends gibt es ein nicht weniger erstaunliches Konzert, in dem Das Erste Wiener Gemüseorchester auf Karottenflöten und Lauchgeigen beliebte Melodien spielt. Anschließend werden die Instrumente gekocht und gemeinsam verspeist.

Neben einer der beliebten Hamburg-Matineen und einem ausgedehnten Kinderprogramm darf man sich Sonntag auf die Preview von Roberto Benignis Pinocchio freuen. Darin überzeugt der Das Leben ist schön-Star einmal mehr durch seine melancholisch-humorige Art. Montag laden Die Kiezkomiker Emmi & Herr Willnowsky zu einer ganz besonderen Art von Karaoke. Während auf der Leinwand John Travolta tanzt, singen die Zuschauer unter Anleitung des Duos den Grease-Soundtrack. Zum Abschluss am Dienstag, dem Geburtstag des Zeise, gibt es dann den Film, mit dem alles begann: Wir können auch anders.

s. Kinoprogramm oder www.zeise.de