Bezirke entmachtet

Senat entzieht Wandsbeker Bezirksversammlung die Planung von vier umstrittenen Neubaugebieten

Eiskalt ausgehebelt: Gleich vier Bebauungsplanverfahren des Bezirks Wandsbek hat der Hamburger Senat gestern an sich gezogen. Sowohl die geplante Bebauung rund um die Hoisbüttler Straße (Wohldorf-Ohlstedt 13 und 14), um den Immenhorstweg (Bergstedt 23) wie auch um den Fischkamp (Bergstedt 14) werden in Zukunft direkt von der Baubehörde vorangetrieben. Gegen alle vier Vorhaben hatten Anwohner des Bezirks Bürgerentscheide bewirkt, die nach der Evokation nun ins Leere laufen. Denn die B-Pläne sollen nun per Gesetz erlassen werden, können dann nur durch einen landesweiten Volksentscheid gestoppt werden.

Der Senat begründet die Evokation damit, dass die geplanten Wohn- und Gewerbeflächen integraler Bestandteil des Regierungskonzepts „Wachsende Stadt“ sind. Und das, obwohl alle seriösen Prognosen davon ausgehen, dass die Einwohnerzahl der Hansestadt in den kommenden Jahren drastisch zurückgehen wird.

Die Evokation löst bei der Rathaus-Opposition, den Hamburger Naturschutzverbänden und den Anwohnerinitiativen einen Proteststurm aus. Die Hamburger SPD-Fraktion wirft dem Senat vor, sich bei den Neubauprojekten „über die betroffenen Bürger hinwegzusetzen“. Ihr stadtentwicklungspolitischer Sprecher Jan Quast beschuldigt Bausenator Mettbach, „das Votum von vielen tausend Hamburgern zu übergehen und die Bezirksversammlung zu entmündigen“. „Das Instrument der Evokation wird missbraucht, wenn es gegen den breiten Protest vieler BürgerInnen eingesetzt wird“, beklagt auch sein Parlamentskollege Farid Müller (GAL).

BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch spricht von einem „Affront gegen Bürgerrechte“: Der „Widerstand vor Ort“ solle „eingeschüchtert“ werden. Der Runde Tisch Walddörfer – ein Zusammenschluss 16 lokaler Initiativen – klagt Bürgermeister Ole von Beust an, „sein Wahlversprechen zu brechen, die Walddörfer zu schützen“. Für die Interessengemeinschaft Immenhorstweg – wo nach Senatsplanungen 150 Einfamilienhäuser entstehen sollen - offenbart dieser Senatsbeschluss „nicht nur eine rücksichtslose Zerstörung natürlicher Lebensräume, sondern auch ein fehlendes Demokratieverständnis“. Antje Möller, die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der GAL beklagt, dass bei den Wohldorfer Bauprojekten „einem riesigen Verbrauch ökologisch hochwertiger Fläche nur eine geringe Zahl an Einfamilienhäusern“ gegenüberstehen würde. So würde Hamburg sich nicht das Prädikat „wachsende Metropole“, sondern ausschließlich den Titel „wuchernde Stadt“ verdienen. Marco Carini