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Archiv-Artikel

Bei Diktators zuhaus

Die Deutsch-Afrikanische Freundschaftsgesellschaft CAGA ist seit Sommer 2002 unterwegs in Sachen Integration. Heute abend präsentiert die CAGA-Theatergruppe „Denyigba“ ihre erste Produktion namens „Aufstieg und Fall König Atopanis I.“

Zomoland ist abgebrannt. Übrig ist nur noch ein Diktator auf Knien: „Wo sind meine Minister, wo sind sie? Die Mitglieder meines politischen Büros und des zentralen Komitees. Meine Informanten der Sicherheit... ? Mein Volk?“ König Atopani I. schreit vor Verzweiflung. Draußen feiert das Volk die wiedergewonnene Freiheit. Gleich darauf spricht der zehnjährige Schwarzafrikaner Niahd Ayeva den Schlussmonolog: „Ich bin ein Kind im Exil, wie viele andere Kinder auf dieser Welt. Ich träume von einer besseren Zukunft. Ich träume davon, dass die Welt der Unterdrückten ein neues Gesicht bekommt.“

Klingt nach potenziertem Betroffenheits-Theater, ist aber geerdet durch einen Humor, den sich am besten die Betroffenen selbst leisten können: Der Togoer Bassirou Ayeva hat den „Aufstieg und Fall König Atopanis I.“ zusammen mit der multi-kulturellen Theatergruppe „Denyigba“ geschrieben, um zu zeigen, dass „ein Diktator nicht nur ein Diktator ist, sondern auch ein Mensch.“ Der Dämon wird entdämonisiert. In drei Akten und von fünfzehn Asylbewerbern und Studenten aus Togo, Sierra-Leone, Angola und Kamerun, einer russischen Studentin und sieben BremerInnen.

Was den Diktator an diesem Abend auf den Boden holt, ist sein Privatleben: Der zweite Akt spielt in der Privatresidenz des Königs, und da menschelts. Außerdem bringen die Schwarzafrikaner nicht nur ihr Thema, sondern auch ihr Theaterverständnis auf die Bühne. Ayeva: „Das afrikanische Theater ist sehr spontan. Wir verstehen den Text nicht als Gefängnis, bei uns hat jeder Schauspieler viel Freiraum. Das Publikum soll Spaß haben, auch wenn es um ein ernstes Thema geht.“ Geschrieben wurde das Stück auf Französisch, aufgeführt wird es in deutsch. Für Ayeva keine Frage: „Wir leben in Deutschland und müssen deutsch sprechen, um das Publikum zu erreichen.“

Seit vergangenen August probt das Theater „Denyigba“, heute um 20.30 Uhr hat der „Aufstieg und Fall König Atopanis I.“ im Brauhauskeller Premiere. Der Kontakt zum Bremer Theater ergab sich bei deren Großproduktionen „Dantons Tod“ und „Aida“: Bei beiden waren „Denyigba“-Schauspieler als Statisten beteiligt. Intendant Klaus Pierwoß unterstützt die Truppe mit Spielstätte, Kostümen und Requisiten. Wichtig für Ayeva ist dabei nicht nur der materielle Gewinn: „Das deutsche Theater ist ein sehr geschlossener Kreis. Es ist schwer für Schwarzafrikaner, da reinzukommen.“

Integration also, das große Ziel, für das Ayeva nicht nur im Theaterbereich kämpft: Im Sommer letzten Jahres hat er den „Cercle d‘amitié germano-africaine“, die deutsch-afrikanische Freundschaftsgesellschaft gegründet, abgekürzt CAGA. Mit Unterstützung des Migrationsbüros hat die CAGA im Lagerhaus Räumlichkeiten bezogen und ist seither dabei, den Dialog voranzubringen. Der „Cercle“ erhält keine finanzielle Unterstützung vom Senat. Er finanziert sich durch Spenden und die Mitgliedsbeiträge in Höhe von fünf Euro pro Mitglied und Monat.

Neben der Theatergruppe hat die CAGA den Märchen-Klub „Palaver unterm Baum“ gegründet, um traditionelle afrikanische Märchen in Kulturzentren und Schulen auf Französisch und Deutsch zu erzählen. Außerdem hat Bassirou Ayeva dem Senator für Kultur, Inneres und Sport, Kuno Böse (CDU), ein Fußball-Freundschaftspiel vorgeschlagen: Schwarzafrikaner gegen Bremer Polizisten. Der Brief an Böse wurde vor drei Monaten abgeschickt. Eine Antwort hat Ayeva bis heute nicht bekommen.

Klaus Irler

„Aufstieg und Fall König Atopanis I.“, heute um 20.30 Uhr im Brauhauskeller. Regelmäßige Treffen der CAGA: jeden ersten Dienstag im Monat, um 19 Uhr im Lagerhaus. Der erste Termin ist der 1.4., an dem Ayeva von den Erfahrungen der multikulturellen Theaterarbeit berichten wird. Kontakt: ☎ 79 41 418