ERNEUT HAT ES EINEN EUROPÄISCHEN KONZERN IN DEN USA ERWISCHT
: Adecco im Strudel der Bilanzfälschung

Nun hat es also Adecco getroffen, den Weltmarktführer bei der Verleihung von Zeitarbeitskräften. Der Konzern aus der Schweiz musste bei seiner nordamerikanischen Tochter Probleme mit der Buchhaltung feststellen – der Aktienkurs halbierte sich daraufhin fast. Der Betrug ist anscheinend so gravierend, dass der Konzern keine weiteren Einzelheiten bekannt gibt, bevor nicht ein externer Prüfer die Bücher durchgegangen ist. So will sich wohl das Management in der Schweiz vor dem Gefängnis retten. Denn seit den Betrügereien im US-Energiehandelskonzern Enron mögen die Staatsanwälte solche börsengefährdenden Aktionen gar nicht mehr.

Das Beunruhigende für Europa und Deutschland dabei: Alle hiesigen Konzerne wollen in den Vereinigten Staaten expandieren, wo aber die Fälschungsgefahr am größten ist. Das bekam auch der niederländische Lebensmittelriese Ahold zu spüren, der wegen seiner US-Tochter seine Bilanz nachträglich um eine Milliarde Euro schrumpfen musste; die niederländische Konzernführung trat übrigens sofort zurück.

Nun ist ein Weltkonzern schwer zu kontrollieren, wenn er Buchfälscher beschäftigt – was sogar in einem vergleichsweise einfachen Geschäft wie dem Verleihen von Angestellten geht. Der italienische Lebensmittelkonzern Parmalat ist ein Sonderfall, weil dort der Gründer noch das Sagen hatte, kriminelle Energie nicht an anderen Investoren scheiterte und die italienische Milchbranche eh einen mafiösen Ruf genießt. Ansonsten aber werden Konzerne meist von Managern geführt. Diese werden zunehmend nach Erfolg bezahlt – vor allem in den USA. Und genau dort liegt auch die Ursache für die meisten Bilanzskandale, der Anreiz zum Betrug sowohl an Aktionären wie indirekt auch an der Belegschaft: weil leitende Manager die eigenen überhöhten Gewinnprognosen nicht einhalten. Das wird zwar irgendwann auffliegen – aber dann ist der Bonus schon kassiert, der Vertrag verlängert, der Ruhestand erreicht. Dabei bringt es nichts, seinen Vorständen immer höhere Millionensummen für immer höhere Gewinnträume zu versprechen. Denn sie erwirtschaften doch eh, was sie können. Das ist schließlich ihr Job. REINER METZGER