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Archiv-Artikel

Assad lehnt Einladung nach Jerusalem ab

Die Syrien-Initiative des israelischen Präsidenten Katzav löst unterschiedliche Reaktionen im Parlament aus

JERUSALEM taz ■ Der syrische Präsident Baschar Assad will vorerst nicht nach Jerusalem kommen. Die zuvor ausgesprochene Einladung von Seiten des israelischen Staatspräsidenten Mosche Katzav sei „nicht ernsthaft“, kommentierte die syrische Ministerin Buthaina Schaaban gegenüber BBC und forderte stattdessen ein „klares Ja zu Verhandlungen“.

Am Sonntag hatte Israels Premierminister Ariel Scharon im Rahmen der Regierungssitzung erklärt, dass es ihm nicht damit eile, „den Syrern in die Arme zu fallen“. Dementgegen warnte Justizminister Tommi Lapid (Schinui), dass Israel „den Kampf um die internationale öffentliche Meinung verliert“, sollte sich die Regierung nicht eindeutig für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen aussprechen.

„Ich bin der Präsident Israels und als solcher befugt, ausländische Präsidenten einzuladen“, erklärte Katzav gestern in einem Gespräch mit der „Stimme Israels“. Seine Einladung hatte im Parlament kontroverse Reaktionen ausgelöst. Während die Fraktionen der Arbeitspartei und der Meretz die Initiative begrüßten, nannte Ehud Jatom (Likud), Vorsitzender des außen- und sicherheitspolitischen Parlamentsausschusses, die Einladung „ein Signal an die Palästinenser, dass man mit Israel Verhandlungen führen könne, auch wenn der Terror andauert“. Syrien müsse, so forderte auch Scharon, zunächst die „Unterstützung von palästinensischen Terrororganisationen“ einstellen. Eine Forderung, die die USA bereits im Frühjahr vergangenen Jahres gestellt hatten und die die Schließung mehrerer Büros palästinensischer Organisationen in Damaskus zur Folge hatte.

Anfang Dezember hatte Assad in einem Zeitungsinterview sein Interesse an Friedensverhandlungen mit Israel bekundet. Ohne konkrete Vorbedingungen zu stellen, betonte er, dass er es für sinnvoll hielte, die „Fortschritte früherer Verhandlungen“ zu berücksichtigen. Im Januar 2000 scheiterte eine Einigung zwischen dem damaligen israelischen Premierminister Ehud Barak und dem syrischen Außenminister Faruk al-Schara, die in der US-amerikanischen Kleinstadt Shepherdstown zu Verhandlungen zusammengekommen waren. Während Syrien zunächst den endgültigen Grenzverlauf geklärt haben wollte, stand für Israel die Frage der Sicherheit, der Normalisierung der Beziehungen und der Wasserversorgung im Zentrum des Interesses.

Dennoch waren sich beide Seiten, damaligen Zeitungsberichten zufolge, in rund 80 Prozent der Konfliktpunkte deutlich näher gekommen, was vor allem auf das Zutun von Ex-US-Präsident Bill Clinton zurückging, der Israel volle Kooperation der Nachrichtendienste in Aussicht stellte sowie eine Modernisierung der Armee. Uneinig blieben sich die Konfliktparteien in der Frage des Grenzverlaufs, der für die Syrer nach dem Vorbild des ägyptisch-israelischen Friedensvertrags hätte gelöst werden sollen, sprich: ein Rückzug bis auf den letzten Zentimeter. Aktuellen Umfragen der Tageszeitung Ma’ariv zufolge lehnen 56 Prozent der israelischen Bevölkerung einen Abzug von den Golanhöhen ab. SUSANNE KNAUL