: Lippenbekenntnis am Arbeitsplatz
Airbus-Erweiterung: Versprechen über 2000 neue Arbeitsplätze soll Täuschung der Öffentlichkeit gewesen sein. Airbus und Wirtschaftsbehörde dementieren. Umweltschützer vermuten Betrug, GAL fordert Aufklärung im Haushaltsausschuss
von SVEN-MICHAEL VEIT
Es soll nur ein Lippenbekenntnis gewesen sein. Die Schaffung von 2000 zusätzlichen Arbeitsplätzen im Hamburger Airbus-Werk für die Teilmontage des Riesen-Jets A380 (siehe Kasten) sei lediglich eine „Sprachregelung“ für die Öffentlichkeit gewesen. Das behauptete Spiegel Online gestern unter Berufung auf eine „Aktennotiz“ aus der Unternehmensleitung. Danach solle „das A380-Programm mit weitgehend eigenem Personal abgedeckt werden“, wird der damalige Chef von Airbus Deutschland, Hans-Joachim Gante zitiert. Statt „überhitzte Personalaufstockung anzugehen“, so Gante, seien „Engpässe mit Zeitarbeitspersonal zu überbrücken“.
Die Existenz dieses Aktenvermerks bestätigte Airbus-Sprecher Theodor Benien gegenüber der taz. Dabei handele es sich aber um „eine individuelle Notiz irgendeines Mitarbeiters“, die keineswegs „die Politik des Unternehmens“ widerspiegele. Hamburgs Wirtschaftsbehörde, im Auftrag des Senats federführend bei der Werkserweiterung, sieht keinen Anlass zur Sorge. Airbus habe „erst kürzlich“ beteuert, dass in Hamburg „2000 neue Arbeitsplätze geschaffen“ würden, so Behörden-Sprecher Andreas Richter. Auch Benien versichert, dass der zweitgrößte Flugzeugkonzern der Welt diese neuen Stellen zu schaffen gedenke: „Wir stehen zu unserem Wort, ohne jegliche Abstriche.“
Die Aktennotiz vom 9. Oktober 2001 erklärt Benien mit den damaligen „weltweiten Unsicherheiten vor dem Hintergund des Terrorismus“. Selbstverständlich habe sich Airbus Deutschland seinerzeit, vier Wochen nach den Anschlägen vom 11. September, mit den Zukunftsaussichten der Luftfahrt auseinander gesetzt. Der große Konkurrent Boeing habe seitdem etwa 30.000 Stellen abgebaut, Airbus hingegen haben die Krise „mit vorübergehender Kurzarbeit“ meistern können. In der Konsequenz, so Benien, „sind alle Stellen noch da und neue kommen hinzu“, rund 500 allein im vorigen Jahr: „Es gibt keinen Grund, an unserer Zusage zu zweifeln.“
Damit geht der Airbus-Sprecher deutlich über frühere Aussagen hinaus. Rechtsverbindliche Garantien für die Personalaufstockung liegen zwar bis heute nicht vor, offiziell und auch im Planfeststellungsbeschluss der Stadt für die Werkserweiterung war stets von der Schaffung „zusätzlicher“ 2000 direkter und 2000 indirekter Jobs bei Zulieferern die Rede.
Ex-Chef Gante hatte jedoch im Sommer vorigen Jahres eine Erklärung mit Interpretationsspielraum veröffentlicht. Die konnte so verstanden werden, dass die Absichtserklärung sich auf alle deutschen Airbus-Werke beziehe und nicht nur auf Hamburg – eine Lesart, die Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) seinerzeit „nicht vollziehen“ mochte.
Bestätigt sieht sich hingegen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Airbus habe Öffentlichkeit und Politiker „mit bewusst falschen Prognosen für dumm verkauft“, argwöhnt dessen Hamburger Geschäftsführer Manfred Braasch.
Einen „Betrug an der Stadt“ befürchtet GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch. Die massive und auch finanzielle Unterstützung Hamburgs für die Werkserweiterung sei vom früheren rot-grünen Senat „auf der Grundlage der Arbeitsplatzzusage erfolgt“. Goetsch möchte deshalb von der Geschäftsführung des Hamburger Airbus-Werks am Dienstag vor dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft „eine öffentliche Erklärung, dass diese Zusage Bestand hat“.
Also mehr als ein Lippenbekenntnis.