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Archiv-Artikel

EU-Kommission verklagt EU-Finanzminister

Europäischer Gerichtshof muss Streit um Defizitverfahren entscheiden. Eichel nennt Klage wenig nachvollziehbar

STRASSBURG dpa ■ Mit einer beispiellosen Klage will die EU-Kommission im Streit um die Auslegung des Stabilitätspaktes gegen die EU-Finanzminister vor Gericht ziehen. Die Kommission beschloss am Dienstag, die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzureichen. Die Kommission hält den Beschluss des EU-Finanzministerrates von Ende November für illegal, die Defizit-Strafverfahren gegen Deutschland und Frankreich vorerst anzuhalten. Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission den EU-Ministerrat vor den Kadi bringt, weil dieser einen Vorschlag der Brüsseler Behörde in angeblich ungerechtfertigter Weise aushebelte.

Unterdessen war die Entscheidung der Kommission in Frankreich und Deutschland mit Gelassenheit erwartet worden. In der rot-grünen Regierungskoalition in Berlin wird davon ausgegangen, dass eine Klage vor dem EuGH abgeschmettert wird. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kritisierte die Klage der EU-Kommission zum Stabilitätspakt als „wenig nachvollziehbar“. Eichel forderte die Kommission auf, „auf Kooperation statt auf Konfrontation der Organe der Europäischen Union zu setzen“.

Auch in Frankreich wird erwartet, dass das höchste Gericht der Union den Fall an die Streitparteien zurückverweisen wird. Selbst bei einem Urteil zu Gunsten der Kommission müsste Brüssel nach dieser Lesart die Verfahren gegen Deutschland und Frankreich erneut einleiten und dem EU-Ministerrat vorlegen. Das ließe Zeit, den Konflikt mit einer Reform des Stabilitätspaktes zu entschärfen. Die Kommission will beim EuGH ein Eilverfahren beantragen. Bisher erlaubte das höchste EU-Gericht in Luxemburg in zwei Fällen diese Schnellprozedur, bei der ein Urteil innerhalb von Monaten zu erwarten ist. Erst muss das Gericht aber entscheiden, ob es die Klage überhaupt annimmt.

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