: Im Kern unberührt
Die Ablehnung einer muslimischen Bewerberin durch die Diakonie war rechtens – aber nicht wegen ihrer Religion
Das Diakonische Werk Hamburg ist in einer brisanten Frage um ein Grundsatzurteil herumgekommen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) entschied am Mittwoch, dass die Ablehnung einer Muslima, die sich auf eine Stelle als Sozialpädagogin beworben hatte, nicht gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) verstoßen hat. Das aber nur, weil der Frau zentrale Qualifikationen wie ein Hochschulstudium gefehlt hätten, sagte Gerichtssprecher Christian Lesmeister. „Wer nicht geeignet ist, kann auch nicht wegen eines unzulässigen Diskriminierungsmerkmals benachteiligt werden.“
2007 hatte sich Yesim F. auf die Stelle eines durch die EU gefördertes Integrationsprojekt für MigrantInnen bei der Diakonie beworben. Der kirchliche Arbeitgeber hatte die Bewerbung zunächst auch wohlwollend zur Kenntnis genommen. Als die Diakonie allerdings von deren muslimischem Hintergrund erfuhr, schloss sie die 42-Jährige Deutsche türkischer Herkunft aus dem Bewerbungsverfahren aus. Begründung: Zur Sicherung des evangelischen Profils gehöre eine Kirchenmitgliedschaft.
Das sah das Arbeitsgericht anders und verurteilte die Diakonie zur 3.900 Euro Entschädigung. Die Zugehörigkeit zur christlichen Religion sei „keine gerechtfertigte berufliche Anforderung“ an diese Stelle.
Rückendeckung erhielt der Richter in der Frage, wie das 2006 in Kraft getretene AGG auszulegen sei, von namhaften Arbeitsrechtlern. Durch dieses Gesetz soll eine ungerechtfertigte Benachteiligungen aus Gründen ethnischer Herkunft, des Geschlechts oder der Religion beseitigt werden. Im konkreten Fall habe sich die Frau „nicht als Papst beworben“, so der Mitherausgeber des „Bremer Kommentars“ zum AGG, Klaus Bertelsmann. Religionszwang könnte nur bei „konkreten Projekten kirchlicher Prägung“ geltend gemacht werden.
Laut Bertelsmann handelte die Diakonie sogar gegen den Sinn des EU-Projektes, wenn sie Migranten ausschloss, die nicht der gewünschten Glaubensrichtung angehören. KVA