: Streit um Zwischenlager Ahaus
Grüne wollen umstrittenen Parteiratsbeschluss „präzisieren“ – werfen Anti-Atom-Initiative aber „überhebliche Polemik“ vor. Einigung scheitert vorerst. Am Sonntag Proteste vor Zwischenlager
VON ANDREAS WYPUTTA
Der Streit zwischen der Anti-Atom-Initiative „Kein Atommüll in Ahaus“ und den nordrhein-westfälischen Grünen geht weiter. Die grünen Landesvorstandssprecher Frithjof Schmidt und Britta Haßelmann halten der Bürgerinitiative (BI) vor, „im polemischem Ton eine Falschmeldung“ zu verbreiten. Die Ankündigung der BI, bei künftigen Anti-Atom-Demonstrationen keinen Wert mehr auf die Unterstützung der Grünen zu legen, sei „überheblich“, heißt es in einem Brief an den BI-Vorsitzenden Burkard Helling und Sprecher Felix Ruwe.
Die Anti-Atom-Aktivisten werfen den Grünen vor, sie hätten sich mit ihrem Parteiratsbeschluss vom 14. Dezember „aus der Anti-Atom-Bewegung verabschiedet“. In dem Beschluss heißt es, Castor-Transporte etwa aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor aus dem sächsischen Rossendorf bei Dresden seien „Transporte zur Abwicklung der Atomenergie“. Diese müssten anders bewertet werden als Lieferungen aus laufenden Atomkraftwerken. Erstmals seit 1998 könnten in diesem Jahr wieder Castoren in das Zwischenlager im münsterländischen Ahaus rollen: Die Betreiber des Rossendorfer Reaktors hatten bereits 1995 eine Zwischenlagerung in Ahaus vereinbart. Rechtlich bindend gilt die im Atomkonsens vorgesehene dezentrale Zwischenlagerung radioaktiven Mülls vor Ort nur für Atomkraftwerke, nicht aber für Forschungsreaktoren.
Immer mehr Grüne deuten nun an, den umstrittenen Parteiratsbeschluss revidieren zu wollen: „Wir lehnen Atommülltransporte aus anderen Bundesländern nach Nordrhein-Westfalen ab“, sagt Rüdiger Sagel, atompolitischer Sprecher der grünen Lansdtagsfraktion. „Die beste Lösung wäre ein genehmigtes Zwischenlager auch für hochradioaktiven Atommüll in Sachsen“, glaubt auch der grüne Landesvorstandssprecher Frithjof Schmidt. „Unser Parteiratsbeschluss beschreibt ein Dilemma, für das es keine Lösung gibt.“
Das Dilemma der Grünen: Eine Novelle des Atomgesetzes gilt auf Bundesebene als nicht durchsetzbar. Aller geplanten Appelle zum Trotz kann die sächsische Landesregierung damit nicht gezwungen werden, ein Zwischenlager für die hochradioaktiven Kernbrennstäbe in Rossendorf zu beantragen. „Bisher gibt es dort lediglich eine vorläufige Umgangsgenehmigung“, bestätigt Wolfram König, Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz. Rossendorf bleibt aber zentrale Sammelstelle für leicht- und mittelradioaktive Abfälle.
Wirksam bleibt damit nur öffentlicher Druck gegen die Castor-Transporte: Am Mittwoch blockierten rund 50 Atomkraftgegner die Zufahrt zum Zwischenlager – am 18. steht mit dem „Sonntagsspaziergang“ die nächste Demo an. Zur Teilnahme rufen auch die Grünen auf.