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Archiv-Artikel

Mietersorgen

Wer bezahlt die Sanierung des Übersee-Museums? Und: Soll es kleine Brötchen backen oder ein Motor der Kulturhauptstadt-Bewerbung sein?

Als die Bomben im Übersee-Museum einschlugen, hinterließen sie eine Kraterlandschaft. Später wurden die Löcher notdürftig mit Schutt verfüllt.

Hinter dieser Geschichte verbirgt sich die derzeit beste Nachricht aus dem Völkerkunde-Haus: Die Sanierung des ersten Lichthofes ist in wichtigen Teilen fertig. Als Spätfolge des Bombardements hatte der Boden Höhenunterschiede von bis zu zwölf Zentimetern aufgewiesen. Jetzt aber ist alles eben und in 17 Metern Höhe wölbt sich ein neues Dach.

Offen bleibt die Frage, wer die Kosten übernimmt. Denn: Dem Museum gehört sein Gebäude nicht selbst, es ist Mieter der GIB, des städtischen Immobilien-Fonds. Die plant nun, die Sanierung über Mieterhöhungen zu refinanzieren. Allein für den Bereich der Asien-Ausstellung ginge es dabei um 125.000 Euro jährlich, sagt Museums-Geschäftsführer Dieter Pleyn.

Ein harter finanzieller Brocken. Seit seiner Umwandlung in eine Stiftung (1999) muss das Museum sowieso schon mit einem gedeckelten Haushalt auskommen, wodurch die Tarifsteigerungen das Haus mit jährlich etwa 80.000 Euro belasten.

Unstrittig ist, dass bestimmte Modernisierungen wie die Neugestaltung des wenig zeitgemäßen museumspädagogischen Bereichs aus eigener Kraft finanziert werden müssen. Doch auch der grundlegende Sanierungsbedarf ist groß: Die Heizung ist marode, der zweite Lichthof asbestbelastet, das Dach muss erneuert werden, die Sandsteinfassade des denkmalgeschützten Gebäudes weist gravierende Umweltschäden auf, eine Neuverlegung der Elektrik tut not, es gibt keine EDV-Verkabelung – die Oxidierung der UV-Beschichtung auf den ohnehin unpassenden Fenstern aus den siebziger Jahren, die das Licht schon seit langem nur noch getrübt hereinlassen, erwähnt Direktorin Wiebke Ahrndt dann nur noch ganz am Rande. Und das Gedränge bei der Schoko-Ausstellung (die bis zum 20. April verlängert wird) habe einmal mehr gezeigt, dass die Fläche für Sonderausstellungen verdoppelt werden müsse.

Das alles selbst zu finanzieren, gehe deutlich über die eigenen Kräfte, sagt Ahrndt. Man sei eben „kein Elite-, sondern ein Familienmuseum“ – in dem die BremerInnen sonntags unter Palmen wandeln wollen, wenn der Bürgerpark verregnet ist. Und außerdem mit 60 Prozent Schulklassen-Besuch ein äußerst wichtiger außerschulischer Lernort, so dass die Eintrittspreisspirale nicht weiter hinaufgeschraubt werden könne.

Trotzdem: „Gut, immer noch gut“, sei ihre Stimmung, sagt Ahrndt, die vor genau einem Jahr mit großem Elan nach Bremen kam. Jetzt aber müsse auf der politischen Ebene entschieden werden, ob man ein „bescheidenes städtisches Museum“ werden oder das international renommierte Haus“ bleiben solle, das mit seinen „einmaligen Sammlungskapazitäten“, der exklusiven Mischung aus Natur-, Völker- und Handelskunde und seinen fast 10.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche entsprechend arbeiten könne.

An Ideen sei kein Mangel: Im Juni eröffnet eine Weltraumschau, im November wird der neu konzipierte Ozeanien-Teil der Dauerausstellung fertig sein. Neben Speziellem wie „Tiere bekennen Farbe“ über die „Facetten tierischer Kommunikation“ (kommenden Februar) werde man weiterhin Massenattraktionen organisieren – etwa eine Motorrad-Ausstellung. (Natürlich stehe BMW auf der Liste möglicher Sponsoren, „aber wir sind keine Messehalle“, beschwichtigt Ahrndt etwaige Befürchtungen und Pleyn versichert: „Wir werden nicht Blech an Blech reihen, sondern die völkerkundliche Bedeutung des Motorrads herausarbeiten“). Weitere Schauen wie „1001 Nacht“, „Entdecker unserer Zeit“ sind angedacht und 2009 könnte – parallel zur Kirchentags-Planung – eine große Islamausstellung stattfinden.

Im Foyerbereich allerdings sind dem Gestaltungsdrang der neuen Museumsführung nicht nur finanzielle, sondern auch juristische Grenzen gesetzt. Der Pachtvertrag mit Ulrich Mickan, dem Betreiber des Übersee-Cafés, geht bis 2015. „Wir können nicht in die vermietete Fläche eingreifen“, sagt Ahrndt, und eine gütliche Einigung etwa über den Umbau der gläsernen „Kipling-Lounge“ ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Im Mai wird man sich wegen Forderungen nach Mietminderung wegen Umbaulärms beziehungsweise einer Räumungsklage wegen nicht gezahlter Miete vor Gericht treffen. So werden auch die Pläne für einen behindertengerechten Zugang oder den Umbau des Museums-Shops über bis auf weiteres in den Schubladen bleiben.

Henning Bleyl