: Qualifikation: Loyal gegenüber Scharon
Der neue israelische Außenminister Silvan Schalom verfügt über keine Erfahrung auf dem internationalen Parkett
Ein Problem hat Ariel Scharon seinem neuen Außenminister vom Hals geschafft: Die Konfrontation mit seiner Frau. Judi Schalom-Nir-Moses, die hochgewachsene, rothaarige, charismatische Talk-Show-Moderatorin, an deren Seite Silvan Schalom immer etwas unscheinbar wirkt, hatte nämlich bereits im Vorfeld der Ämterverteilung öffentlich verkündet, alles zu unternehmen, damit ihr Mann nicht noch einmal Finanzminister wird. Sie war die Demonstrationen ihrer Kollegen vom Fernsehen, der Schauspieler, Liedermacher und anderer Künstler, die infolge der staatlichen Kürzungen ihre Jobs eingebüßt hatten und nun regelmäßig und immer forscher ihre Plakate vor dem Küchenfenster der Schaloms hochhielten, gründlich satt. Um ihrer Kinder willen müsse Silvan seine Karriere opfern, meinte sie. Bis schließlich die für alle Beteiligten überraschende Lösung kam.
Die Motive für Ariel Scharons Ämtertausch – der bisherige Finanzminister Schalom ins Außenamt und der bisherige Außenminister Benjamin Netanjahu ins Finanzministerium – sind nebulös. Beobachter vermuteten zunächst, dass Scharon darauf hoffte, Netanjahu würde jedes andere Amt als das Außenministerium ablehnen und er, Scharon, könne sich so elegant seines ärgsten parteiinternen Gegners entledigen. Auch die Vermutung, Scharon wolle über die Außenpolitik möglichst große Kontrolle behalten, mag Grund für seine Entscheidung sein. Vielleicht wollte der Premierminister, der sich zunehmend der Kritik ausgesetzt sah, er wolle ein rein aschkenasisches und von europäischen und osteuropäischen Juden beherrschtes Kabinett zusammenstellen, den hohen Posten aber auch nur mit einem orientalischen Feigenblatt besetzen. Fest steht, dass mit dem in Tunesien geborenen Silvan Schalom ein gänzlich neuer Wind im Außenamt wehen wird.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verfügt Schalom über keinerlei Erfahrungen auf internationalem Parkett und spricht zudem eher lückenhaft englisch. Auch wenn er in seinem bisherigen Amt nicht sehr erfolgreich war, so ist er doch ein Mann der Zahlen, der bei seinen bisherigen Auslandsauftritten eher unbeholfen das israelische Mantra wiederkaute: Arafat sei kein Partner. Damit konnte er weder Sympathie für Israel noch für sich selbst ernten.
Man muss sich überhaupt fragen, wie es dieser Politiker der jungen Garde mit seinen knapp 45 Jahren schon so weit gebracht hat. 1992 gelang ihm der Sprung in die Knesset. Bis dahin verdiente er als Journalist seinen Lebensunterhalt. Als Finanzminister, der sich wiederholt mit dramatischen Fehleinschätzungen entblößte, steht sein Name in Verbindung mit der schlimmsten Wirtschaftskrise seit fünf Jahrzehnten. Im vergangenen Oktober zwang der von ihm als „undiskutierbar“ vorgestellte Haushaltsplan schließlich die Koalition in die Knie.
Was Scharon für ihn einnimmt, ist Schaloms Loyalität ihm gegenüber, obschon er aus seinen Ambitionen auf das höchste Regierungsamt kein Hehl macht. Politisch steht er eher rechts von seinem Chef. Er plädierte schon kurz nach Beginn der Zweiten Intifada für die Zwangsexilierung Jassir Arafats und die Umleitung der von Israel eingefrorenen palästinensischen Steuergelder in den eigenen Verteidigungshaushalt, was aber an interner Kritik scheiterte. SUSANNE KNAUL