: Metropol droht Abriss, Distel bleibt
Der Senat will das seit 1997 geschlossene Theater bis Sommer verkaufen und schreibt dabei weder kulturelle Nutzung noch Erhalt des Gebäudes vor
von STEFAN ALBERTI
Der Senat will sich nach jahrelangem Hickhack endgültig vom seit 1997 geschlossenen Metropol-Theater am Bahnhof Friedrichstraße trennen. Anders als bislang soll ein Käufer nicht verpflichtet sein, das Gebäude kulturell zu nutzen. Das würde zwar bevorzugt – „aber alle Alternativen sind willkommen“, sagte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern. Diese Alternativen umfassen für ihn auch einen Abriss des Gebäudes. Außergewöhnlich erscheint Sarrazin das nicht: „Auch Buchhandlungen, Schulen, Kitas, Kirchen und Finanzämter werden abgerissen. Das Leben geht trotzdem weiter –das gilt auch für die Kultur.“
Der Finanzsenator konnte sich mit dem Beschluss gleich gegen zwei Senatskollegen durchsetzen. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) und auch Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatten laut Flierl-Sprecher Torsten Wöhlert darauf gedrängt, die kulturelle Nutzung und den Denkmalschutz festzuschreiben.
Der Verkauf soll bis zur Sommerpause über die Bühne gehen, über den Käufer ein Auswahlgremium entscheiden, in dem auch die Kulturverwaltung vertreten ist. Zum angestrebten Preis äußerte sich Sarrazin nicht. Man gebe nicht automatisch dem höchsten Angebot den Zuschlag, sondern bewerte auch die Pläne für die Nutzung des Metropol. Eines aber sei sicher: „Wir werden es nicht behalten.“
Von einem Abriss wäre nur der hintere Teil des rund 5.000 Quadratmeter und damit fast fußballfeldgroßen Grundstücks mit dem eigentlichen Metropol-Theater betroffen. Das Vorderhaus direkt an der Friedrichstraße, in dem das Kabarett Distel spielt, soll erhalten bleiben.
„Herr Sarrazin hat uns geschrieben, dass wir mittelfristig gesichert sind“, sagte Distel-Geschäftsführer Norbert Dahnke der taz. Ein Erwerber des Grundstücks müsse in die bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse eintreten, heißt es in dem Schreiben vom 19. November. Das gilt laut Sarrazin-Sprecher Claus Guggenberger auch heute noch. Die Distel, die dieses Jahr 50-Jähriges feiert, hat einen Mietvetrag bis 2005 mit einer Option auf eine fünfjährige Verlängerung.
Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, kritisierte den Senatsbeschluss zum Metropol-Verkauf. „Damit hat der Finanzsenator wieder einmal über die Kultur gesiegt“, sagte Ströver, die auch Chefin des Kulturausschusses ist. De facto sei eine kulturelle Nutzung kaum mehr möglich. Im Auswahlgremium werde sich die Kulturverwaltung kaum durchsetzen können.
Das Metropol war 1996 in eine GmbH umgewandelt worden und ging nur ein Jahr später in Konkurs – unter der Leitung von Startenor René Kollo. 2001 bekam die niederländische Stage Holding das Theater für den symbolischen Preis von einem Euro zugeschlagen – gegen die Zusage, das Gebäude mit 30 bis 40 Millionen Euro zu sanieren. Ein Jahr später jedoch nutzten die Holländer ein Rückgaberecht und übernahmen stattdessen das Theater des Westens.