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Archiv-Artikel

Bildungsbehörde lässt berichten

Für Journalisten sind die Regionalen Schulentwickungskonferenzen (RSK) tabu. Berichtet wird trotzdem: die Bildungsbehörde bezahlt ihre eigenen Autoren, die im Internet Berichte platzieren

DIE KONFERENZEN

Weil Hamburg viele Risikoschüler hat, plant der schwarz-grüne Senat ab 2010 die sechsjährige Primarschule und die Stadtteilschule. Dafür müssen die Zuschnitte der bisherigen Schulen verändert werden. Statt eines von oben erdachten „Masterplans“ soll es eine Planung von unten geben. In 22 Regionalen Schulkonferenzen (RSK) sollen Schulleiter, Lehrer und Eltern um die besten Lösungen ringen. KAJ

VON KAIJA KUTTER

Ganze 20 Minuten durfte die Presse dabei sein, als Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL) am 22. September die erste von insgesamt 22 Regionalen Schulkonferenzen (RSK) im Gymnasium Grootmoor eröffnete. Dann war Schluss. Die übrigen dreieinhalb Stunden diskutierten die rund 100 Teilnehmer ohne Öffentlichkeit. Und in der zeitgleich startenden RSK in Harburg wies die Moderatorin anwesende Lehrer darauf hin, dass der ganze Prozess „vertraulich“ sei, weil man einen geschützten Raum schaffen wolle.

Diese Vertraulichkeit ist allerdings begrenzt. Denn die Bildungsbehörde veröffentlicht unter der Rubrik „Bürgerservice“ auf „Hamburg.de“ regelmäßig Berichte über alle 22 Regionalen Konferenzen, die bisher alle einmal getagt haben. Verfasst sind die Berichte von sieben Autoren, die die Behörde für die Dauer des Prozesses unter „Werkvertrag“ nimmt und aus dem Topf für Öffentlichkeitsarbeit bezahlt.

„Jeder Autor berichtet durchgängig über einzelne RSKs“, erklärt Pressesprecherin Annegret Witt-Barthel. Insgesamt würden nach den geplanten fünf Sitzungen bis zum Mai 110 Texte ins Netz gestellt. Auf die Frage, wer diese Texte davor auf den Tisch bekommt, redigiert und freigibt, antwortet sie: „Die Öffentlichkeitsarbeit“. Dass andere Teilnehmer der RSK, etwa Lehrer, die gern schreiben, eigene Berichte ins Internet stellen, sei „nicht vorgesehen“.

Eine Beschneidung der Pressefreiheit sieht die frühere Hamburger Vorsitzende des Deutschen Journalisten Verbands (DJV) darin nicht. Da die Veranstaltungen nicht öffentlich seien, leiste die Behörde somit „ein Höchstmaß an Transparenz“.

Die 22 bisher publizierten Berichte sind nicht im journalistischen Sinne nachrichtlich geschrieben, sondern geben den chronologischen Ablauf der Sitzungen wieder. Demnach wurde den Anwesenden meist zunächst die Notwendigkeit der Reform erläutert, die es nötig mache, den Blick weg von der Einzelschule auf die ganze Region zu richten. Stellten Eltern, Schüler oder Lehrer kritische Fragen, wird dies erwähnt. Oft wurden diese Frage auf Kärtchen geschrieben und erst mal offen gelassen. „Meinungsfragen stehen für die Anwesenden nicht zur Diskussion“, heißt es lakonisch an einer Stelle.

Den großen Wortanteil haben namentlich genannten Schulaufsichtsbeamte und Moderatoren. Die Autoren selbst stellen nichts in Frage. Die meisten Texte enden mit einem positiven Fazit, wie etwa: „Trotz eines kontroversen Starts gelang doch der Einstieg in den Schulreformprozeß“, „Insgesamt aber ist die Stimmung positiv“ oder: „Am Schluss blieb der Eindruck eines entspannten ersten Treffens.“

Einigen Journalisten stößt dieser Vorgang sauer auf. Und auch der SPD-Schulpolitiker Ties Rabe findet es „Unsinn, dass man die Öffentlichkeit ausschließt“. Vertraulich könnten Sitzungen, die von bis zu 130 Personen besucht werden, ohnehin nicht sein. „Nach der Lektüre der ersten Berichte habe ich auch nicht den Eindruck, dass dort große Geheimnisse besprochen werden.“ Rabe vermutet, dass die Behörde sich einen Einfluss auf die Texte offen halten wolle, „für den Fall, dass es brenzlig wird“.

Keine Probleme mit dem Vorgang hat dagegen der Sprecher der Elternkammer, Peter Albrecht. „Dass die RSKen nicht öffentlich sind, ist für das Arbeitsklima sinnvoll“, sagt er. Schulleiter könnten sonst gehemmt sein, die Umwandlung ihrer Schule vorzuschlagen. Bei den Texten der Autoren handle es sich um „Marketingberichte“, die kaum einer lese, da man nicht darauf gestoßen werde. Albrecht selbst hat zwei RSKs erlebt, von denen die eine sehr gut und die andere eher schlecht gelaufen sei. Nach der Lektüre der entsprechenden Berichte sagt er: „Ich habe nicht den Eindruck, dass es zensiert wird.“