„Kein Asyl“ bald EU-weit

EU-Innenminister beschließen zweijährigen Testlauf für gemeinschaftliches Abschieben von Flüchtlingen. Das soll gestresste EU-Osteuropäer entlasten

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Zwei Jahre lang wollen die EU-Staaten ausprobieren, die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber und Wiedereingliederungsprogramme in den Herkunftsstaaten gemeinschaftlich zu managen. Ein entsprechendes Pilotprojekt für 30 Millionen Euro beschlossen die EU-Innenminister am Donnerstag bei ihrem Treffen in Dublin. Die Agentur dafür soll in zwölf Monaten arbeitsfähig sein.

UN-Flüchtlingskommissar Ruud Lubbers erinnerte die Minister aber daran, dass sich bereits am 1. Mai dieses Jahres die Lage zuspitzen wird. Zwar sei dank der Bemühungen des UNHCR, Flüchtlinge in den Herkunftsregionen zu versorgen, die Zahl der Asylbewerber in Europa und den anderen Industriestaaten im vergangenen Jahr um 16 Prozent gesunken. Doch die neuen Mitgliedsstaaten der EU im Osten seien als typische Einreiseländer vom Beitrittstag 1. Mai an einem außergewöhnlichen Druck ausgesetzt. Seit einem Jahr, so Lubbers, würden alle Asylbewerber bei der Einreise mit dem Eurodac-System elektronisch erfasst. Gleichzeitig bestehe der Grundsatz fort, das Asylverfahren im ersten EU-Land einzuleiten, das der Flüchtling erreiche. Damit seien die neuen Mitgliedsländer vom Beitrittstag an mit einer Flut von Asylverfahren konfrontiert.

Lubbers hatte den Innenministern kurz vor dem Treffen in Dublin ein 7-Punkte-Programm vorgelegt, das diese Probleme entschärfen und in eine internationale Flüchtlingspolitik münden soll. Der UNHCR plädiert dafür, zentrale Aufnahmelager in der EU zu schaffen. Von dort aus sollen anerkannte Asylbewerber anteilig auf die Mitgliedsländer verteilt werden, wobei Bezugspunkte eines Flüchtlings zu einem bestimmten Land berücksichtigt werden. Eine EU-Agentur soll für den ganzen Ablauf verantwortlich sein. Rücknahmeabkommen mit sicheren Herkunftsländern sollen das System ergänzen. Das nun beschlossene Pilotprojekt ist also aus Sicht des UNHCR ein Schritt in die richtige Richtung.

Nach wie vor aber scheuen viele Mitgliedsstaaten vor einer dauerhaften gemeinschaftlichen Asylpolitik zurück, da sie ihre innenpolitischen Entscheidungsspielräume in diesem sensiblen Bereich nicht aufgeben wollen. Am 1. Mai läuft aber die Frist ab, bis zu der einheitliche Mindeststandards für Asylverfahren und anerkannte Asylbewerber beschlossen sein müssen. Das UNHCR fürchtet, dass angesichts der mangelnden Kompromissbereitschaft einiger Länder wie Deutschlands nur ein kleinster gemeinsamer Nenner dabei herauskommen kann.

Der deutsche Innenminister Otto Schily kritisierte bei dem Treffen in Dublin seinen türkischen Kollegen scharf. Türkische Asylbewerber stünden in der deutschen Statistik noch immer oben auf der Liste. Die Türkei habe aber bis heute mit der EU kein Rücknahmeabkommen geschlossen. „Ein bisschen voreilig wurde ja nun auch die Türkei zu dem informellen Treffen eingeladen“, maulte Schily.