Mobilität soll aus der Steckdose kommen

Das Elektroauto gilt als Modell der Zukunft. Doch der Weg dorthin ist verschlungen. Leistungsfähige Akkus sind teuer. Hybridtechnik gilt als Nahziel

Brennstoffzelle, Ethanol, Wasserstoff: Die Autoindustrie hatte sich für die ferne Zukunft viel vorgenommen. Doch nach Ölpreisschock und Feinstaubdebatte sticht nun ein ganz anderer Trumpf: das Elektro-Auto, angetrieben von einer ganz normalen Batterie, die an jeder Steckdose aufgeladen werden kann. Mitsubishi hat mit dem i-MIEV ein serienreifes Modell für 2009 angekündigt, die Aktionäre des finanziell angeschlagenen US-Konzerns General Motors setzen ihre Hoffnungen auf ein Projekt namens Chevy Volt, das ab 2010 vom Band rollen soll. Der Volt ist ein „Plug-in-Hybrid“: Die Batterien lassen sich am Stromnetz aufladen. Erst auf längeren Fahrten springt ein benzinbetriebener Generator ein.

Auch die deutschen Hersteller wollen jetzt im Strom der Zeit mitschwimmen: In der Londoner City tummeln sich probeweise elektrisch angetriebene E-Smarts, auf den Straßen von Berlin sollen demnächst batteriebetriebene A-Klasse-Daimler und Smarts summen. In Zusammenarbeit mit dem Energieriesen RWE wollen die Automacher parallel dazu ein Netz von Ladestationen aufbauen.

Doch Christoph Zeiss vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt & Energie bleibt skeptisch: „Die Zahl der Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen bewegt sich hierzulande bisher im einstelligen Bereich.“ Sprich: sieben E-Mobile im gesamten Jahr 2007. Auch Autoexperte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, gibt sich nicht übermäßig enthusiastisch: „Das Thema kocht im Moment hoch, jeder Hersteller will etwas vorweisen können.“ Doch selbst optimistische Schätzungen würden nur von ein bis zwei Millionen Elektrofahrzeugen in den nächsten zehn, zwanzig Jahren ausgehen: „Und das sind bei über fünfzig Millionen Autos insgesamt dann eben nur wenige Prozent.“

Vorher müssten außerdem Millionen Menschen solche Autos kaufen. Beim Preis aber mauern die Hersteller: „Niemand möchte Ihnen im Moment sagen, was ein serienreifes Modell am Ende tatsächlich kostet“, so Lottsiepen. Ein Grund: Mit herkömmlichen Akkus kam man nicht weit. „Die niedrige Reichweite birgt eine psychologische Hemmschwelle“, so Christoph Zeiss vom Wuppertal Institut, „doch mittlerweile setzt man die auf erheblich leistungsfähigere Lithium-Ionen-Technik, die eigentlich für Handys und Laptops entwickelt wurde“. Doch das treibt die Kosten in die Höhe.

Deswegen setzen viele Hersteller auf Leih- und Leasingmodelle. Nach Velolib, einem flächendeckenden Netz von Leihfahrrädern, plant die Pariser Stadtverwaltung ein Projekt namens Autolib. Eine Flotte von 4.000 elektrisch betriebenen Leihautos soll den Verkehr auf Alleen und Chausseen revolutionieren.

Kommt der Strom an den Ladestationen allerdings aus dem normalen Netz, bedeutet das in Frankreich: Es ist überwiegend Atomstrom. In Deutschland wiederum käme eine Menge Strom aus Kohlekraftwerken unter die Haube. „Wenn der Anteil erneuerbarer Energien an der Strommenge zu niedrig ist, sieht die Gesamtbilanz nicht so gut aus“, so Zeiss. Das war ein Grund für das Umweltbundesamt, nach einem Großversuch auf der Insel Rügen Elektroautos in punkto Emissionen in dieselbe Kategorie wie die Benzinkutschen einzuordnen. Dort wie auch beim VCD setzt man deswegen auf Verbesserung im Bestand: beim Verbrennungsmotor. Gerade beim CO2-Ausstoß ist noch einiges zu holen, nicht nur mit immer besseren Filtern. Denn eins ist sicher, so Gerd Lottsiepen: „Der Hybridantrieb kommt auf jeden Fall.“ Die Zahl der energetischen Wechselbälger wächst rasant. Damit kommt die Elektrifizierung durch die Hintertür – und wird bezahlbar. ANSGAR WARNER