Retter im Schatten

Rau schlägt Gedenkstätte für NS-Widerstandskämpfer vor. Geplanter Standort in Mitte soll aber unter den Hammer

Bundespräsident Johannes Rau will den Widerstandskämpfern zur Zeit der Nazi-Diktatur eine Gedenkstätte widmen. Zur Frage des Ortes regte Rau an, das Areal der ehemaligen Besen- und Bürstenbinderei an der Rosenthaler Straße in Mitte dafür zu nutzen. Hier habe ihr Inhaber Otto Weidt in der NS-Zeit jüdische Mitbürger vor der Deportation bewahrt, indem er sie als Arbeitskräfte für kriegswichtige Produktion angefordert habe, sagte Rau am Donnerstagabend auf einer Veranstaltung.

Was unser Bundespräsident nicht sagte – oder womöglich gar nicht wusste –, ist, dass das anvisierte Gelände schon im April unter den Hammer kommen soll. Eine Erbengemeinschaft will das Haus Schwarzenberg neben den Hackeschen Höfen, das der gleichnamige Verein dort seit Mitte der 90er-Jahre als charmant-alternativen Hinterhof-Kulturstandort aus Kino Central, Ausstellungsflächen, Ateliers, Anne-Frank-Zentrum und Clubs nutzt, versteigern. Anzunehmen ist, dass nicht der Verein als derzeitiger Mieter die nötigen 3,3 Millionen Euro aufbringen kann, sondern die Immobilie an einen potenten Investor geht, der das Areal ebenso schick aufmotzt wie die Nachbarschaft.

Ungeachtet dessen glaubt Rau, dass es nötig „ist, eine Gedenkstätte für Menschen, die während der NS-Zeit unter Einsatz ihres Lebens Verfolgten geholfen und Menschen gerettet haben“, einzurichten. An die Retter müsse erinnert werden, nicht weil sie Übermenschen gewesen wären, sondern weil sie Menschen geblieben seien in einer Zeit, in der das allein eine Leistung gewesen sei. Die Widerstandskämpfer erinnerten zudem daran, „dass es selbst in dunkelster Zeit eine Alternative zum Mitmachen und Wegschauen gegeben hat“, so Rau.

Möglicherweise hat der Rau-Lapsus noch ein Gutes mehr. Er könnte dem Verein, der mit dem Bezirk für den Bestand kämpft, helfen, den Verkauf vielleicht abzuwenden. ROLA