: Die Rechte afghanischer Frauen
betr.: „Aus dem Blickfeld“ von Christa Nickels, taz vom 4. 3. 03
Aus dem Blickfeld sollte ebenfalls nicht geraten, dass Frau Nickels am 16. November 2001 dem Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der so genannten Operation „Enduring Freedom“ zugestimmt hat (vgl. Bundestagsdrucksache 14/202, Protokoll der 202. Sitzung des 14. Bundestages). Diese Operation wurde – militärisch/taktisch – in zwei Phasen durchgeführt, die sowohl unabhängig voneinander als auch parallel zueinander abliefen: als massive Luftangriffe auf vermutete Stellungen von Taliban/al-Quaida und Einsätze am Boden durch Spezialstreitkräfte. Das deutsche „Kommando Spezialkräfte“, KSK, war hieran mit rund hundert Soldaten beteiligt.
Die Luftangriffe der „Koalition der Willigen“ hatten zum Zeitpunkt des Bundestagsbeschlusses bereits begonnen. Spätestens seit dem Jugoslawienkrieg gibt es auch für Politiker, die den Zweiten Weltkrieg nicht mehr aus eigenem Erleben kennen, keine Entschuldigung mehr: Diese Art der Kriegführung trifft stets mehr Unschuldige und Unbeteiligte, als die eigentlichen Adressaten. Sie ist die Hölle für die Betroffenen und die massivste Verletzung von Menschenrechten überhaupt. Das hätte Frau Nickels wissen müssen, bevor in dieser Zeitung später über tausende unschuldige Opfer berichtet wurde. Mit ihrer Zustimmung zur Beteiligung Deutschlands an dieser Art der Terrorismusbekämpfung hat Frau Nickels jede Glaubwürdigkeit verloren, als Kämpferin für die Rechte der afghanischen Frauen aufzutreten, auch wenn die deutsche Luftwaffe nicht beteiligt war. Der deutsche Beitrag an diesem Krieg ist Teil der von den USA geplanten Gesamtstrategie, auf die unser Land keinen Einfluss hat. Zu dieser Strategie gehörte die Koalition mit der Nordallianz, deren Führer zu den denkbar brutalsten Schlächtern gehören, heute zum Teil Minister in Kabul sind und von den UN-Soldaten der Isaf geschützt werden. Von ihnen war nicht zu erwarten, dass sie Diskotheken für Frauen eröffnen. […] JOCHEN SCHOLZ, Swisttal