: Es wird kalt in Deutschland
betr.: „Die Langzeitarbeitslosen werden abgeschafft – theoretisch jedenfalls“, taz vom 7. 3. 03
Wer vertritt eigentlich die Interessen der 4,7 Millionen Arbeitslosen? Die leisen Aufrufe der Gewerkschaften und einiger Sozialpolitiker werden übertönt von Reden der Freunde des Herrn Gerster, als da sind die Herren Hundt (BDI), Schröder (SPD), Stoiber (CDU/CSU) sowie Herrn Zimmermann (DIWL). Die haben einen einfachen gemeinsamen Nenner: Die Angst der Arbeitnehmer vor dem angedrohten Schicksal, das auch sie treffen könnte, und den Druck auf die, die es schon getroffen hat. […]
Die „Ich-AG“: Man könnte sich jetzt schon auf die zahlreichen Neugründungen freuen, denn diese Kleinstfirmen, die überall aus dem Boden schießen werden, sind hochmotiviert. Der Neuunternehmer hat kämpfen gelernt, gegebenenfalls gegen den Exkollegen. Nur die Cleversten werden überleben, bei unschlagbar dünner Eigenkapitaldecke und gleichzeitig konkurrenzlos günstigem Preis. Und auf die anderen stürzen sich die Inkassobetriebe, Insolvenzverwalter, Rechtsanwälte, Banken … Es gäbe dann tatsächlich weniger Arbeitslose, dafür mehr insolvente Unternehmer. Um die kümmern sich dann je nach Betriebsgröße entweder Herr Hundt, Herr Rogowski und Herr Schröder – oder das Sozialamt.
Es wird kalt in Deutschland. Diejenigen, die sich warm anziehen und die den Gürtel enger schnallen, sind nicht diejenigen, die davon reden. ANDREAS MÜCKE NIESYTKA, Berlin
Zuerst: Sparen in der Bildung und Ausbildung, Streichungen von Steuervergünstigungen bei Familien und Alleinerziehenden, Löhne und Gehälter kürzen, Mitarbeiter entlassen und für 70 Prozent und weniger Gehalt über eine Zeitarbeitsfirma wieder „zurückleihen“ oder über „Ich-AGs“ zu beschäftigen, das Arbeitslosengeld bis fast auf das Niveau der Sozialhilfe drücken, Kündigungsschutz abbauen, durch Abbau der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten für Kranheitsvorsorge durch private Zusatzversicherungen einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer verschieben – Sozialabbau Schritt für Schritt, ohne Konzept und Perspektiven! Und alle Parteien machen mit, um am Ende festzustellen, dass es durch die zunehmende elektronische Datenverarbeitung und Automatisierung einfach weniger Arbeit und damit weniger Arbeitsplätze gibt. Wer entwickelt für unser Land eine neue Bewegung der Solidarität, um die verbleibende Arbeit, Löhne und Produktionsgewinne neu zu verteilen, bevor die soziale Ungleichheit zu (noch) mehr sozialen Problemen und Konflikten in unserer Gesellschaft führt? […] MARTIN SCHMELZ, Bielefeld