hamburger szene : Morgens im Biersee
„Ich habe die erste Flasche noch fallen sehen“, sagte der Mann von Hamburg Wasser. „Auch die zweite.“ Gemeinsam standen wir in meiner Vorratskammer, einem Kabuff von 1,5 Quadratmetern Größe, in einem See aus Oktoberfest-Bier. Es war kurz nach acht Uhr morgens, und draußen war es noch dunkel.
Ich hatte den Weg zum Wasserzähler frei machen wollen und musste dazu das Weinregal wegräumen. Im Weinregel hatte ich die Oktoberfest-Bierflaschen gelagert, einerseits, um meiner Wertschätzung Ausdruck zu verleihen, andererseits, um Platz zu sparen. Allerdings war das Weinregal zu grobmaschig, und die Bierflaschen waren durchgerutscht. „Das ist ja auch ein Weinregal und kein Bierregal“, sagte der Mann von Hamburg Wasser. Der Biersee schwappte über den Rand meiner Hausschuhe, meine Socken sogen sich voll. Mir wurde heiß.
Ich warf Berge von Küchenpapier auf den Biersee und holte Lappen und Abfalleimer. Um zum Wasserzähler zu kommen, reichte mir der Mann von Hamburg Wasser Fischkonserven und H-Milch aus der Vorratskammer. „Wenn ich gleich zu den nächsten Kunde gehe, werden die sich wundern, warum ich morgens um acht schon nach Bier rieche“, sagte er. „Wenigstens ist es gutes Bier“, versuchte ich zu retten, was nicht mehr zu retten war. „Ich weiß“, sagte der Mann von Hamburg Wasser, lächelte und reichte aus der Kammer eine unversehrt gebliebene Flasche Oktoberfestbier. Ich wusste, auf wen ich sie trinken würde. KLAUS IRLER