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Archiv-Artikel

Optimierung der Baukultur

Der neue Planungsdezernent gefällt der ausgehungerten Kölner Fachwelt. Bernd Streitberger will die Herausforderung mit Gelassenheit und Intensität bewältigen

KÖLN taz ■ Der Bund Deutscher Architekten (BDA) hatte zur Vorstellung des neuen Baudezernenten geladen, und selten war das Domforum so gefüllt wie an diesem Abend. Eingerahmt von Christian Schaller, dem „Juniorchef“ des Kölner BDA, und von Carl Fingerhuth, dem Alibi-Externen des Gestaltungsbeirates, saß Bernd Streitberger auf dem Podium, das über die Kölner Baupolitik diskutieren sollte. Und als er bekannte, der Andrang mache ihn unerwartet nervös, hatte er schon halb gewonnen.

Er betrachte Köln, nachdem er sich über etliche Stationen in eine große Stadt vorgearbeitet habe, als Herausforderung und wolle sie mit Gelassenheit und Intensität bewältigen, verkündete Streitberger. Nicht das Streben nach architektonischen Highlights sei sein Anliegen, sondern das Optimieren der Planungs- und damit der Baukultur. Dabei könne man schon mal, wie beim Rheinauhafen, unerwartet lange Realisierungszeiten in Kauf nehmen, wenn es der Qualität diene. Und beim Deutzer Bahnhof käme es auf das just gestorbene Glasdach nicht an, da Funktion und Bedeutung im Vordergrund ständen.

Das leuchtete ein, denn Streitberger ging nicht nur souverän mit Planungszielen und -instrumenten um, sondern steuerte auch private Erlebnisse mit der Kölner Baukultur bei. So habe ihn der Zustand des Heinrich-Böll-Platzes zutiefst erschreckt, bekannte der Baudezernent und erklärte, man dürfe den öffentlichen Raum auch in Zeiten leerer Kassen nicht verkommen lassen.

Das sind ganz neue Töne aus den Kölner Planungsämtern. Karl Otto Fruhner, sein Vorgänger im Stadtentwicklungsdezernat, hatte so „Banales“ nie bemerkt, und Béla Dören, der ehemalige Baudezernent, war für Fehlpflasterungen wie auf dem Heumarkt verantwortlich. Angetörnt von einer aufkeimenden Baukultur waren die Fragen des Publikums moderat. Stadtkonservator, Museumsdirektor und Veedelsvertreter erschienen eher als Bittsteller hinsichtlich partikulärer Probleme. Nur ein Urkölner wagte den allgemeinen Hinweis: Er habe unlängst gelesen, es gebe in Köln eine Baumafia!

Da wurde es etwas karnevalistisch im Saal. So wollte man sich die schöne Stimmung doch nicht verderben lassen. Wenigstens für einen Abend sollte vergessen sein, dass es Politiker, Bauherren und Fonds gibt, deren Streben nach Baukultur zweifelhaft ist. Wie Streitberger damit zurecht kommt, wird man sehen, wenn er in Köln länger bleibt als auf seinem vorherigen Posten.

Cord Machens