: Höhere Kita-Gebühren für PDS kein Tabu mehr
Fraktion neigt dazu, als Alternative zu Schließungen besser verdienende Eltern stärker zu belasten. Der Senat kommt ohne Entscheidung aus seiner Klausur. Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende April ihren Bericht zur Kita-Landschaft vorlegen
Ende Januar stand die PDS noch als Sieger da. Höhere Kita-Gebühren, wie von SPD-Bildungssenator Klaus Böger gefordert, waren nach Protest des kleineren Koalitionspartners kein Thema mehr für den Nachtragshaushalt. Dass Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ein „vorerst“ hinzufügte, blieb weniger beachtet. Jetzt, knapp sieben Wochen später, verwehrt sich die Fraktion einer Erhöhung nicht mehr in Gänze. Der Senat behandelte die Neuordnung der Kita-Landschaft gestern bei einer Klausurtagung, hatte aber bereits vorher angekündigt, dabei noch keine Entscheidung zu treffen.
„Eine Erhöhung wird es mit uns nicht geben“, tönte die PDS-Fraktion im Januar. Gestern relativierte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld diese Haltung. „Würden wir vor die Alternative gestellt, das bundesweit einmalige Kita-Angebot in Berlin drastisch zu reduzieren oder besser verdienende Eltern zu höheren Gebühren heranzuziehen, wären wir der zweiten Möglichkeit zugeneigt“, sagte sie der taz.
Ob aus einer solchen hypothetischen Zuneigung ein tatsächliches „Ja“ zu teilweise höheren Gebühren wird, soll sich in den nächsten Wochen klären. Derzeit schreibt eine im Sommer 2002 eingesetzte Arbeitsgruppe an ihrem Schlussbericht, der nach Senatsangaben bis zum 30. Aprilvorliegen soll. In dem Gremium sitzen Jugendstadträte, Vertreter der Wohlfahrtsverbände und der Senatsverwaltungen für Jugend und Finanzen.
Außen vor hält sich die PDS-Fraktion im Zwist zwischen Böger und Sarrazin, wie viel Geld Berlin mehr als Hamburg in die Kita-Betreuung steckt. Der Bildungssenator kommt auf 100 Millionen Euro Mehrausgaben, der Finanzsenator hingegen auf 350 Millionen. „Wir wollen da für keinen Partei ergreifen“, sagte Seefeld. Berlin lasse sich so einfach nicht mit Hamburg vergleichen. Böger begründet die höheren Ausgaben damit, dass in Berlin deutlich mehr Mütter arbeiten und Kinder bei Alleinerziehenden leben als in Hamburg.
Sarrazin zieht Vergleiche mit Hamburg immer wieder gern heran, um eine Überausstattung aufzuzeigen, die die Chancen auf erhoffte Milliardenhilfen vom Bund zunichte machen könnte. Bildungspolitisch steht Berlin dabei zwischen Baum und Borke: Im Vergleich mit westdeutschen Ländern ist das hiesige Kita-Angebot zwar führend und geht deutlich über gesetzliche Festlegungen hinaus. Diese Spitzenrolle relativiert sich aber dadurch, dass Deutschland auf internationaler Ebene schlechter als die meisten EU-Länder abschneidet.
Zur Neuordnung der rund 137.000 Plätze großen Berliner Kita-Landschaft haben sich SPD und PDS bereits vor über 14 Monaten in ihrem Koalitionsvertrage festgelegt. Demnach soll bis 2006 die Hälfte von rund 92.000 Plätzen in 852 städtischen Kitas aus der Hand des Landes an freie Träger gehen, etwa Elterninitiativen oder Kirchen. Das jetzige 2:1-Verhältnis zwischen Land und freien Trägern, die derzeit über rund 45.000 Plätze in 1.200 Kitas verfügen, würde sich damit umkehren. Im vergangenen Jahr wechselten bereits 1.000 Plätze von der öffentlichen in private Hand.
STEFAN ALBERTI