Auftritt fürs Leben

Ein Theaterprojekt an der Hauptschule Gereonswallsoll benachteiligten Kids Selbstvertrauen geben

Köln taz ■ Von lauten Pfiffen und Fußtrampeln begleitet, marschieren die Schüler der Klasse 7b auf die Bretter, die die Welt bedeuten – zumindest in der Kölner Hauptschule am Gereonswall. „Das ist euer großer Auftritt heute“, motiviert Theaterpädagoge Lothar seine Schauspieler am Freitag Morgen. In dem Theaterprojekt „Alles Müll – oder was?“ zeigen die 12- bis 13-Jährigen das Ergebnis ihrer 5-tägigen Arbeit.

Zusammen mit drei Theaterpädagogen der Gruppe „TheaterImPuls“ haben die beiden siebten Klassen der Schule jeweils ein Theaterstück einstudiert. Die Klasse 7a hat ihr Projekt bereits vor zwei Wochen vorgeführt und gibt jetzt das Publikum. Kurz vor elf Uhr werden noch letzte Requisiten platziert. Derweil Unruhe bei den Zuschauern: Es kommt zu kleinen Rangeleien, hier wird ein Hieb und da ein Schlag verteilt. Als laute Hip-Hop-Musik ertönt, wird es schlagartig ruhig. Das Publikum hält den Atem an. Jessica, Muhammed, Ali und die anderen kommen auf die Bühne. Die anfängliche Schüchternheit ist nach wenigen Augenblicken vergessen. Die Schüler spielen begeistert ihre Rolle. Muhammed Kursuncu scheint einer der Publikumslieblinge zu sein. Als er in der Rolle eines Penners mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze die Bühne betritt, grölen Zuschauer laut seinen Namen.

„Die Schüler sind begeistert von dem Projekt“, sagt Klassenlehrer Christoph Jansen. In den fünf Tagen habe keiner die Schule geschwänzt. Auch Birgit Haas, Sozialarbeiterin der Schule weiß, wie wichtig solche „kreativen“ Projekte sind. Die Schüler lernten mit neuen Situationen umzugehen, beispielsweise vor Publikum aufzutreten, so Haas. Besonders wichtig sei aber, dass die Kinder merken „sie können etwas, zum Beispiel eine tragende Rolle spielen.“ Diese Einstellung sei in dem sozialen Umfeld leider nicht selbstverständlich. Von den 300 Schülern der Hauptschule am Gereonswall haben rund 70 Prozent einen Migrationshintergrund. „Viele können nicht einmal richtiges Deutsch. Alleine um die Sprachbarriere zu überwinden, sind solche Projekte wichtig“, sagt Haas. Ob es die in Zukunft noch geben wird, vermag bei der derzeitigen Sparwut keiner zu sagen. Die Stelle von Haas ist jedenfalls ab Dezember gestrichen. Kirsten Pieper