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Archiv-Artikel

Friedlicher Erfahrungstransfair

900 Meter Klimaanlage eigenhändig entfernt: Ausbau der FRISE, des neuen Domizils der Künstler aus der Weidenallee und des Abbildungszentrums, ist fast abgeschlossen

Es hat verschlungene Wege gekostet, Ausdauer und zähe Verhandlungen erfordert – und doch war der Ausgang lange ungewiss: Mühselig gestaltete sich für die Belegschaft des Künstlerhauses Weidenallee die Suche nach einem neuen Domizil. Sie war nötig geworden, weil der Eigentümer des ersten Stahlbetonbaus Hamburgs den Künstlern zum 31. Dezember 2003 gekündigt hatte. Neun von 21 Künstlern – teils dort wohnend, teils mit Arbeitsateliers vertreten – wollten den gemeinsamen Umzug wagen, und dass sie das neue Gebäude ebenso eigenhändig umbauen würden wie vor 26 Jahren die Weidenallee, war von vornherein klar.

Eine interessante Perspektive also eigentlich für potenzielle Vermieter, und doch gingen etliche Monate ins Land, bevor die FRISE, das Gebäude des ehemaligen Friseurinstituts in Altona, gefunden war. Einen Zehnjahresvertrag haben die Künstler für das 1.650 Quadratmeter große Gebäude abgeschlossen, für das die Kulturbehörde einen Atelierausbauzuschuss von 30.000 Euro bewilligte. Keine horrende Summe angesichts der insgesamt 31 Künstler, die Beträchtliches an Eigenleistung in die Sanierung gesteckt haben.

Als Dach für zwei Vereine, die das Haus bewohnen und selbst verwalten, versteht sich die neu gegründete FRISE: das „Künstlerhaus Hamburg, ehemals Weidenallee“ und das Abbildungszentrum – ein Zusammenschluss von Medienkünstlern, der im Mai zehnjähriges Bestehen feiert, haben sich zusammengefunden – „eine sehr willkommene Erweiterung unseres Spektrums, die den Ausstellungsbetrieb bereichern wird“, wie Sabine Mohr vom Künstlerhaus betont.

Zwölf Künstler zählt das Abbildungszentrum, das Künstlerhaus 21, unter denen überwiegend Jüngere sind; das Künstlerhaus hat für das neue Domizil zwölf neue Mitglieder gewonnen. 60 Stunden Arbeit für die Gemeinschaft gelten dabei als „Eintrittskarte“ in den Verein Künstlerhaus – ein Pensum, das im Zuge des Umbaus des neuen Gebäudes, der jetzt fast abgeschlossen ist, problemlos abzuleisten war: Zwölf Tonnen Schutt haben die Künstler entfernt, 900 laufende Meter Klimaanlage des ehemaligen Friseurinstituts abmontiert, neue Wände eingezogen, die Elektrik montiert. „Ursprünglich stand hier wohl eine zweistöckige Villa, erbaut ungefähr um 1890. Ein Stock wurde später daraufgesetzt; Reste von Deckengemälden haben wir beim Entfernen der abgehängten Decken gefunden“, erzählt Sabine Mohr.

15 Arbeitsateliers und acht Wohnateliers haben die Künstler ausgebaut; außerdem soll es künftig – anders als bisher – ganzjährig Gastateliers geben, damit ständig ausländische Künstler dort arbeiten können. Und auch wenn sich an den grundlegenden Zielen des Künstlerhauses nichts geändert hat – Produktion und Austausch stehen weiterhin im Vordergrund –, soll künftig doch die Vermittlung stärker fokussiert werden: „Es wird ein Projektteam geben, das in einem eigenen Raum Schulungen durchführt. Das können Workshops zu Grundlagen der klassischen Malerei, aber auch Projektbetreuungen für andere Künstler sein. Auch an Gastvorlesungen haben wir gedacht“, so Sabine Mohr. In einem der Flure könnten zudem Buchprojekte vorgestellt werden.

Und der Blick zurück in das einst ebenso aufwendig umgebaute Haus in der Weidenallee, das die Künstler nach dem Auszug wieder in den Urzustand versetzen mussten, weil noble Innenstadtwohnungen daraus werden sollen? „Natürlich tut es ein bisschen weh, das zu verlassen, aber angesichts des so schönen neuen Gebäudes überwiegt der Blick nach vorn“, betont Sabine Mohr. „Ich betrachte diesen Neuanfang als Chance, neue Impulse aufzunehmen, und bin sehr froh darüber, dass unter den Neuzugängen des Künstlerhauses hauptsächlich Jüngere sind. Dies ist eine Art sanfter Generationenwechsel, bei dem ein unaufdringlicher Erfahrungstransfair vonstatten geht, zumal die Jüngeren dafür sehr empfänglich sind.“ Offiziell eröffnet wird die FRISE Ende April.

Petra Schellen