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Archiv-Artikel

Raus mit Iraks Diplomaten

Frankreich und Russland lehnen die Aufforderung der USA nach Schließung der Botschaften ab. In Berlin sind keine entsprechenden Maßnahmen geplant. Arabische Kritik: „Merkwürdiger Schritt“

WASHINGTON/PARIS/MOSKAU/BERLIN ap/afp/taz ■ In einem ungewöhnlichen diplomatischen Schritt haben die USA die Ausweisung irakischer Diplomaten aus allen Ländern gefordert, die die Regierung in Bagdad anerkannt hätten. Die Diplomaten repräsentierten ein „korruptes und rücksichtsloses Regime“, sagte US-Außenamtssprecher Richard Boucher.

Außerdem forderten die USA andere Länder dazu auf, sich darum zu bemühen, die Zerstörung von Dokumenten in irakischen Botschaften und Konsulaten zu verhindert. Irakische Bankguthaben sollten eingefroren werden, damit diese Gelder von einer Nachfolgeregierung in Bagdad nach dem Krieg genutzt werden werden könnten, sagte Boucher.

Frankreich und Russland lehnten eine Ausweisung irakischer Diplomaten ab. Washington habe von Paris verlangt, „die irakischen Diplomaten auszuweisen und die (irakische) Botschaft zu schließen“, sagte der französische Außenamtssprecher François Rivasseau. Dies sei eine Frage der staatlichen Souveränität. Zurzeit gebe es „keinen Grund, dem nachzukommen“, betonte der Sprecher.

Der russische Außenminister Igor Iwanow erklärte in Moskau, Russland würde die Ausweisung irakischer Diplomaten ablehnen, wenn eine offizielle amerikanische Aufforderung dazu eintreffe. Russland wolle seine Beziehungen mit Irak „nicht unterbrechen“, erklärte sein Stellvertreter Alexander Saltanow.

Das Auswärtige Amt in Berlin äußerte sich zurückhaltend. Deutschland habe das Anliegen der USA zur Kenntnis genommen, sagte eine Sprecherin dazu. Ihr sei aber nicht bekannt, dass derzeit solche Maßnahmen geplant seien.

Berlin hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass die Bundesregierung vier irakische Diplomaten aufgefordert habe, Deutschland „kurzfristig“ zu verlassen. Dabei verwies ein Sprecher des Auswärtigen Amtes darauf, dass dies auf „eigene Erkenntnisse“ über Tätigkeiten zurückzuführen sei, die mit dem „Diplomatenstatus unvereinbar“ seien. Diese Formulierung ist eine übliche Umschreibung für mutmaßliche Spionage.

Die arabische Zeitung Al Hayat kritisierte die Ausweisung der Diplomaten. „Wenn irakische Diplomaten auf diese kollektive Weise von Staaten ausgewiesen werden, die sich nicht im Kriegszustand mit dem Irak befinden, dann ist nur eine Interpretation möglich, nämlich dass der jetzige Irak nach dem Krieg nicht mehr existieren wird,“ hieß es in einem Kommentar nach einer Übersetzung des Middle East Media Research Institute. „Die Anwesenheit von Diplomaten eines Landes, das von der politischen Bühne gefegt wurde, würde politische und diplomatische Probleme schaffen und die Anerkennung eines neuen Irak bzw. der Kleinstaaten, die auf seinem Territorium entstehen werden, durch diese Staaten verzögern oder behindern.“ Hinzu käme, dass es im internationalen Recht keine Bestimmung gäbe, die „diesen merkwürdigen Schritt“ stützen würde. Die Maßnahme sei ein Hinweis darauf, dass es bald ein neues diplomatisches Corps geben werde, hieß es in dem Kommentar.