Die Sinnmacher

Eine deutsche Medieninitiative boykottiert Anglizismen

Der Krieg gegen den Irak ist erfolgreich angezettelt, die Vernichtungsmaschine läuft wie geschmiert. Unter dem Eindruck der Ereignisse haben sich deutsche Schriftsteller und Journalisten unter Edelfederführung des „Tagesthemen“-Moderators Ulrich „Ulli“ Wickert in der Initiative „WortGefecht“ zusammengefunden, um im Rahmen ihres beruflichen Wirkens gegen den Militäreinsatz Stellung zu beziehen.

Die Idee zu „WortGefecht“ lieferte ironischerweise das US-Repräsentantenhaus, als es die „French Fries“ in der Kantine wegen der pazifistischen Hetze der französischen Regierung in „Freedom Fries“ umbenennen ließ. Änderungen im Sprachgebrauch als Protestform – das lässt sich auch in Deutschland machen, erkannten neben Wickert unter anderem Konstantin Wecker, Klaus Staeck, Wolf und Britta von Lojewski sowie Gerda von Wegen. Nur Anke Engelke musste „aus persönlichen Gründen“ leider absagen. Die Idee: Die eingeschriebenen Mitglieder der Initiative „WortGefecht“ wollen künftig vorsätzlich auf alle noch so beliebten Anglizismen verzichten und den Lesern auf diese Weise ihre Distanz zur Politik der US-Regierung vermitteln.

„Eingebürgerte Redewendungen wie: das macht Sinn (that makes sense), bist du okay (are you okay?), netter Versuch (nice try), wir müssen reden (we have to talk) und die weit verbreitete, besonders dümmliche Importphrase nicht wirklich (not really) sind laut Satzung künftig tabu“, erläutert Wickert.

Die beteiligten Wortführer haben sich verpflichtet, eigenständig auf die stilistische Reinheit ihrer Texte achten. Für etwaige Zweifelsfälle wurde eine Sprachkommission einberufen, die mit Norbert Blüm, Vera Int-Veen, Herbert Feuerstein und Hellmuth Karasek prominent besetzt werden konnte. Mindestens einer der Genannten ist jederzeit telefonisch oder per E-Mail erreichbar und hilft gern mit passenden Synonymen aus; der nächtliche Notdienst wird von der Gruppe eigenverantwortlich organisiert. Interessierte Vielschreiber und Redaktionen können zudem per gebührenpflichtigem Faxabruf eine komplette Liste der verbotenen Wörter und Wendungen anfordern.

Ulrich „Ulli“ Wickert gibt sich überzeugt, dass „WortGefecht“ Wirkung zeigen wird. „Wenn es irgendwann wieder Bulette statt Hamburger heißt, dürfte die Bush-Administration ins Grübeln kommen“, prophezeit der frühere Frankreichkorrespondent. „Da hält die US-Wirtschaft nicht lange still. Und wer wäre abhängiger von der US-Wirtschaft als Bush?“ Eine Sichtweise, der man sich nicht anschließen muss, um sie bedenklich zu finden. HARALD KELLER