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Archiv-Artikel

Tumultartige Szenen im Landtag

Einen Tag nach den Schülerausschreitungen in der Bannmeile des niedersächsischen Parlaments warfen CDU und FDP der Opposition vor, die Demonstranten zu rechtswidrigen Taten ermuntert zu haben

Nicht alle Abgeordneten schafften es am Tag nach der eskalierten Schülerdemonstration vor dem Parlament in Hannover, sich so zu verhalten, dass sie ein Vorbild für die Jugend des Landes gewesen wären. Es war der Tag des parlamentarischen Eklats, nachdem zuvor rund 1.000 demonstrierende Schüler in die Bannmeile vor dem hohen Haus eingedrungen waren: Drei verletzte Polizisten, zwei Festnahmen, eine zerbrochene Fensterscheibe und die verletzte Würde des Parlaments sind zu beklagen.

Dass CDU und FDP der Opposition vorwarfen, die jungen Demonstranten zu rechtswidrigen Taten ermuntert zu haben, führte fast zu tumultartigen Zuständen. „Nennen sie Namen und Beispiele oder ziehen sie ihre Bemerkungen zurück und entschuldigen sie sich jetzt hier vor dem Landtag“, forderte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Von „Verleumdung“ sprach auch seine Parteikollegin Ina Korter: Sie habe niemanden angestachelt und sondern die Schüler aufgefordert, den Platz vor dem Landtag zu verlassen. Fast hätten über 40 Abgeordnete eine „persönliche Erklärung“ abgeben, dass sie die Schüler nicht zu Gewalttaten aufgerufen hätten.

„Beschämend“ fand es CDU-Fraktionschef David McAllister, „dass wir in unseren Reihen einen Abgeordneten haben, der zum wiederholten Mal Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen war“. Gemeint: Patrick Humke-Focks, Linkspartei. Laut Polizeiprotokoll, das Innenminister Uwe Schünemann (CDU) verlas, soll sich Humke-Focks „äußerst aggressiv“ gegenüber Beamten verhalten und sogar zugeschlagen haben. Der Linke betonte erneut, er habe „nur deeskalieren“ wollen. Aber: Er wurde bereits angezeigt.

Es sei richtig gewesen, nicht vor den Demonstranten zu sprechen „und mit seiner Anwesenheit zu dokumentieren, dass das Verhalten“ in Ordnung gewesen sei, sagte Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU). „Diese Landesregierung lässt sich nicht durch rechtswidrige Aktionen unter Druck setzen“, erklärte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). „Gehn Sie weg!“, schnaubte er dann Kreszentia Flauger (Die Linke) an. Was sie gesagt hatte, war später umstritten: „So ein dreckiger Typ“ oder „so ein dreckiger Debattenstil“ – einen Ordnungsruf kassierte Flauger trotzdem.

Immerhin: Alle Parteien waren sich einig, dass die Gesetzesverstöße nicht hinzunehmen sind. Und: Dass die Mehrheit der Schülerdemonstranten friedlich demonstriert hatte.

KAI SCHÖNEBERG