FDP will reformfähige CDU

Kleiner Koalitionspartner wird beim Zuwanderungsgesetz zum Zünglein an der Waage und fordert Hamburgs Union auf, im Bundesrat nicht länger zu blockieren

Dass die Hamburger FDP gegenüber ihren Koalitionspartnern CDU und Schill-Partei eigene Positionen formuliert, war in bislang eineinhalbjähriger Regierungszeit kaum zu erleben. Gestern aber verlangte Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen sogar von Bürgermeister Ole von Beust (CDU), dem kleinen Koalitionspartner zu folgen und dem Entwurf des Zuwanderungsgesetzes zuzustimmen, den die Bundes-Liberalen in den Bundestag eingebracht haben. „In der Frage der Zuwanderung sind wir nicht der kleine Koalitionspartner“, sagte Müller-Sönksen anlässlich des JustizministerInnentreffens in der Hansestadt, „sondern die Mitte des politischen Spektrums.“

An seiner Seite appellierte auch die baden-württembergische Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) an die hanseatische CDU, sich „reformfähig“ zu zeigen und nicht länger ein Zuwanderungsgesetz zu blockieren. Aus ihrem Haus stammt der FDP-Entwurf. Der hat das von Rot-Grün geschriebene Gesetz zur Grundlage genommen und einzelne Kritikpunkte der CDU eingearbeitet. Kernpunkt ist die Regelung, dass jährlich neu eine „Einwanderungsquote“ festgelegt werden soll. Werwigk-Hertneck begreift das als „echtes liberales Angebot“. Bislang aber sei bei der CDU noch „keine Bewegung zu spüren“.

Müller-Sönksen räumt ein, das Thema in der Hamburger Koalition noch nicht auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. Von Innensenator Ronald Schill, der noch nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen jegliche Zuwanderung gemacht hat, erwartet er keinen Widerstand, „falls es uns gelingt, Edmund Stoiber (CSU) auf unsere Seite zu bringen“. Der aber habe bislang noch nicht zu erkennen gegeben, tatsächlich ein Zuwanderungsgesetz für die Bundesrepublik schaffen zu wollen.

Deshalb die Warnung von Müller-Sönksen: Die Union solle nicht darauf setzen, das rot-grüne Gesetz mit ihrer Bundesrats-Mehrheit kippen zu können. Denn dafür sei sie in vier Ländern auf die Stimmen des Koalitionspartners FDP angewiesen, auch in Hamburg. Und mit denen könne sie nicht rechnen.

ELKE SPANNER