: Färber peinlich beschränkt
Betr.: „Bremen hat seine Chance vertan“, taz bremen vom 26. März 03
Das Interview mit der Finanzwissenschaftlerin Färber verdient große Anerkennung. Denn es bürstet die derzeit völlig kritiklosen Lobpreisungen zu den Erfolgen der Sanierungsstrategie durch die Bremer Politik-Macher gegen den Strich. Die schonungslose Auseinandersetzung mit der Färber-Kritik ist dringend erforderlich. Schließlich wird ihre vernichtende Kritik an der Sanierungsstrategie nahezu von der gesamten Finanzwissenschaft geteilt. Das gilt auch für die Finanzpolitik. Nicht nur in den anderen Bundesländern wird so gedacht. Es ist ja bekannt, dass der Bundesfinanzminister die Bremer Strategie als Flop diffamiert.
Umso wichtiger ist es, die Schwächen und Defizite der Färber-Provokation zu benennen: Erstens argumentiert Frau Färber beim Vergleich zwischen Bremen mit dem Saarland lediglich mit den finanzwirtschaftlichen Daten. Es ist doch klar, dass die Nutzung der Bundeshilfen zur Tilgung der Schulden im Saarland in der kurzen Frist zu sinkenden Zinsausgaben im Verhältnis zu den Gesamtausgaben (Zinsquote) führen musste. Entscheidend ist doch die Frage, inwieweit mit dem Sanierungsprogramm der Umbau und die Stärkung der Wirtschaftsstruktur vorangetrieben worden ist. Hier hat das Land Bremen mit einigen Projekten des Investitionssonderprogramms Erfolge zu verzeichnen (Universität/Technologiepark und AirportCity). Dagegen weist das Saarland keine Verbesserung der Wirtschaftsstruktur auf. Wiebke Lang hat dies mit mir in einer Vergleichsstudie nachgewiesen. Die Studie, die im Internet zugänglich ist (www.iaw.uni-bremen.de), wird umgehend Frau Färber zugestellt.
Zweitens zeigt sich die peinliche Beschränkung von Frau Färber auf rein fiskalische Wirkungen bei ihren Hinweisen auf den Zusammenhang Wirtschaftskraft und Finanzkraft. Sie sagt, die Verbesserung der Wirtschaftskraft zahle sich für die öffentlichen Haushalte Bremens nicht aus, weil die Erhöhung der originären Finanzkraft im Länderfinanzausgleich zu geringeren Zuweisungen führe. Die Beschreibung dieser Mechanik, die eigene Anstrengungen bestraft, ist zweifellos richtig. Aber die Schlussfolgerung, deshalb auf eine Sanierungspolitik zur Stärkung der Wirtschaftskraft zu verzichten, ist unverständlich. Frau Färber übersieht die unmittelbar sinkende Sozialhilfe in den Bremer Budgets durch eine gestärkte Wirtschaftsstruktur mit positiven Arbeitsplatzeffekten. Generell kann doch dieser Wirkungszusammenhang kein Grund sein, auf aktive Wirtschaftspolitik in einem Bundesland zu verzichten. Das Land Bremen hat doch den Vorwurf der Geberländer widerlegt, es bleibe wirtschaftspolitisch untätig, weil sich dies durch Abzüge im Länderfinanzausgleich nicht lohne. Also, geschätzte Kollegin Färber, die Provokation ist angekommen. Jetzt sollten ihre Thesen auf der Basis des vorhandenen Materials kritisch überprüft werden.
Rudolf Hickel, Finanzwissenschaftler an der Uni Bremen