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Archiv-Artikel

40 Stunden will keiner malochen

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie in NRW ging gestern eine Warnstreikwelle durchs Ruhrgebiet. Allein in Essen waren 750 ArbeiterInnen auf der Straße

VON NATALIE WIESMANN

„Eine Rückkehr zur Vierzig-Stunden-Woche wird es mit uns nicht geben“, sagte Claudia Neumann, Betriebsrätin bei Siemens Essen. Die Stimmung war aufgeheizt auf dem Demonstrationszug, der sich gestern von der Niederlassung in der Frohnhauser Straße zum Hengstbach-Platz zog. 750 ArbeiterInnen waren am Essener Warnstreik beteiligt, fast doppelt so viele wie erwartet. Auch in Mülheim, Krefeld, Paderborn und Hattingen fanden nach dem Scheitern der dritten Tarifverhandlungsrunde für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie Kundgebungen statt. Im Ruhrgebiet haben insgesamt fast 3.000 ArbeiterInnen gestreikt.

„Die unverschämten Forderungen der Arbeitgeber haben wohl auch diejenigen hinterm Ofen hervorgelockt, die ansonsten Angst haben, beim Chef unten durch zu sein“, vermutet die Gewerkschaftlerin. Die IG Metall fordert vier Prozent Lohnerhöhung und findet dieses Angebot schon sehr moderat. Die Arbeitgeberverbände bieten in zwei Schritten 2,4 Prozent, aber nur unter einer Bedingung: Über Lohnerhöhung wollen die Unternehmer nur gekoppelt an eine Arbeitszeitverlängerung reden.

Der geforderte „35-bis-40-Stunden-Korridor“ würde bedeuten, dass jeder Arbeitgeber mit dem Betriebsrat im Einzelfall entscheiden könnte, ob er – ohne Mehrbezahlung – seine Gefolgschaft 35, 37 oder 40 Stunden arbeiten lässt. „Was da ‚rauskommt, ist klar“, sagt Thomas Horstmann, stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats von Siemens, der seit einem viertel Jahrhundert bei Siemens arbeitet und gewerkschaftlich tätig ist:„Und bei der Arbeitsmarktlage sind die Betriebsräte ohne den Rückhalt der Flächenverträge leicht erpressbar.“ Sollten sich die Gewerkschaften auf den Deal einlassen, hätten sie – wie im Osten Deutschlands – keine Funktion mehr, so Horstmann.

In Nordrhein-Westfalen sei fast jeder sechste Arbeitsplatz im Metallbereich durch eine Erweiterung der Arbeitszeit auf 40 Stunden gefährdet, davon der Großteil im Ruhrgebiet. Der nächste Verhandlungstermin wurde auf den 9. Februar gelegt. „Wenn die Arbeitgeber nicht von ihren Forderungen weggehen, sind wir auf jeden Fall noch steigerungsfähig“, sagt Neumann. Wenn es nicht anders ginge, dann müsse man wohl richtig in den Streik treten.