Scharon lässt Siedler im Stich

Israels Ministerpräsident bestätigt Absicht, Siedlungen im Gaza-Streifen zu räumen. Chef der Arbeitspartei sagt Scharon Unterstützung zu. Baldige Abstimmung mit US-Regierung

JERUSALEM ap/dpa/rtr/taz ■ Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will Pläne für eine Räumung des Gaza-Streifens auch gegen den Willen seiner Koalitionspartner vorantreiben. Der israelische Oppositionsführer Schimon Peres sagte dem Vorhaben Scharons am Dienstag seine Unterstützung zu. Israelische Medien berichteten, der Regierungschef wolle noch im Februar zu einem Treffen mit US-Präsident George Bush nach Washington fahren, um für Zustimmung der USA zu werben. Schritte zur Räumung der jüdischen Siedlungen könnten noch im Sommer beginnen, sagte der israelische Vizeregierungschef Ehud Olmert. Das Vorhaben ist Teil von Scharons Plan zur einseitigen Abtrennung der Palästinensergebiete, falls der Friedensprozess nicht vorankommt.

Peres sagte auf einem Parteitag seiner Arbeitspartei, deren Stimmen seien im Parlament ein „Sicherheitsnetz“ für Scharons Plan. Die USA reagierten zurückhaltend. US-Außenamtssprecher Richard Boucher ließ es offen, ob Washington den Plan Scharons als Beitrag zu einer Friedenslösung betrachtet.

Scharon hatte erklärt, er lasse eine Verlegung von 17 jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen vorbereiten. Dort leben etwa 7.500 jüdische Siedler unter starkem militärischem Schutz inmitten von etwa 1,4 Millionen Palästinensern. „Ich bin zu der Entscheidung gekommen als jemand, der die Verantwortung der ‚maximalen Sicherheit‘ (für Israel) auf den Schultern trägt“, sagte Scharon im Israel-Radio. „Ich erlaube mir zu sagen, dass dies mich persönlich mehr schmerzt als jeden anderen im Staat Israel.“ Scharon sagte weiter, er wolle die US-Regierung um Zustimmung und mögliche Finanzhilfen für die Räumung bitten.

In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage von Jediot Achronot äußerten 59 Prozent der Befragten Zustimmung zu Scharons Vorschlag. 34 Prozent sprachen sich dagegen aus.

Der palästinensische Unterhändler Sajeb Erakat bezeichnete das Vorhaben als PR-Trick Scharons. „Wenn Herr Scharon einen Rückzug aus Gaza plant, wird ihm kein Palästinenser dabei ihm Weg stehen“, sagte Erakat. Auch die israelische Friedensorganisation Peace Now äußerte sich skeptisch.

Israel bat unterdessen das US-Außenministerium, seinen jährlichen Bericht zur Lage der Menschenrechte in der Welt später als geplant zu veröffentlichen. Wie am Montag in Washington verlautete, befürchtet die israelische Regierung, dass die Ergebnisse beim bevorstehenden Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel verwendet werden könnten. Der Gerichtshof in Den Haag verhandelt vom 23. Februar an über einen Antrag der Palästinenser, den Bau der Sperranlage zu ächten. Auch die EU hat sich gegen ein solches Verfahren ausgesprochen.

brennpunkt SEITE 3, meinung und diskussion SEITE 11