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Archiv-Artikel

In Gummistiefeln zum Wahlsieg in Niederösterreich

Bei den morgigen Landtagswahlen könnte es für die ÖVP zur absoluten Mehrheit reichen. FPÖ vor dem Absturz. Grüne Ziel von unlauteren Manövern

WIEN taz ■ Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll war vor einem Monat der vehementeste Gegner einer neuen Koalition mit der FPÖ. Die entscheidende Sitzung des Parteivorstandes verließ er vor der Abstimmung. Schließlich stand er mitten im Wahlkampf für die morgigen Landtagswahlen. Und ein Bündnis mit den abgewirtschafteten Freiheitlichen kann nur schaden.

Für den Landesfürsten geht es um die Rückeroberung der absoluten Mehrheit für die ÖVP. Keiner zweifelt, dass das gelingen wird. Die Volkspartei steht bei knapp 45 Prozent und dürfte vom erwarteten Absturz der Freiheitlichen am meisten profitieren. 56 Prozent geben ihr die Meinungsforschungsinstitute.

Erwin Pröll in Gummistiefeln mitten im Hochwasser vom vergangenen August wurde zum Markenzeichen des geschickt inszenierten Personenkults. Die Landes-FPÖ, von eigenen Skandalen und den Wirren der Bundespartei gebeutelt, dürfte von ihren 16 Punkten mehr als 10 verlieren. Das flächenmäßig größte Bundesland ist das Kerngebiet der Landwirtschaft mit ein paar Industrie-Clusters rund um Wien und die Landeshauptstadt St. Pölten. Unter den Acker- und Weinbauern hat die Stimme für die FPÖ Tradition.

Die SPÖ, derzeit in der Landesregierung willfähriger Erfüllungsgehilfe, hat Heidemarie Onodi ins Rennen geschickt, die jede Attacke auf den selbstherrlichen Pröll unterlassen hat. Sie würde sich schon über bescheidene Zugewinne auf Kosten der Freiheitlichen freuen. Umfragen prognostizieren der SPÖ aber Stagnation bei 30 Prozent.

Mit einer Verdopplung ihres Anteils von 4,5 Prozent können die Grünen rechnen, obwohl gerade sie Ziel von Manövern sind. Letzte Woche protestierten sie auf einer Sondersitzung des Nationalrats gegen die Zulassung einer rechten Splitterpartei, die auf dem Wahlzettel unter dem Kürzel Grünö firmiert. Die europafeindliche Kleinpartei war dank der Unterschriften von Mandatsträgern der ÖVP und FPÖ im Schnellverfahren auf die Liste gehievt worden und steht dort neben der Partei Grüne.

Verfassungsrechtler schütteln den Kopf über die Entscheidung der Landeswahlbehörde, denn früher wurden Wahlen wegen geringerer Verwechselbarkeit von Parteinamen mit Erfolg angefochten. Im Parlament wurde der Antrag, den Landeswahlordnungen auf Bundesebene gewisse Mindeststandards vorzugeben, von der ÖVP-FPÖ-Mehrheit abgelehnt, doch der Zweck, auf das Problem aufmerksam zu machen, wurde erreicht.

Einen weiteren moralischen Sieg erzielten die Grünen, als das Landesgericht Wiener Neustadt vor kurzem der Liste Grünö in einer einstweiligen Verfügung die Verwendung dieses Namens im Wahlkampf untersagte. Auch die SPÖ versuchte in letzter Minute über den Nationalrat ihre Chancen zu steigern. Am Mittwoch forderte sie den Rücktritt des niederösterreichischen Finanzlandesrats Wolfgang Sobotka (ÖVP), der 270 Millionen Euro an Landesmitteln verspekuliert habe. Sobotka hatte den Erlös aus dem Verkauf von Wohnbaudarlehen unglücklich an der Börse veranlagt. RALF LEONHARD