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Archiv-Artikel

Neue Linie: erst nach Beschluss informieren?

Die Länderchefs haben beschlossen, dass der Aus- und Neubau von Hochschulen in Zukunft Ländersache sein soll. Die Grünen warnen vor katastrophalen Folgen für Bremer Hochschulen

taz ■ Hermann Kuhn platzte der Kragen: Zufällig hatte der Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete aus der Presse erfahren, was Bremens Regierungschef Henning Scherf (SPD) und seine Ministerpräsidenten-Kollegen bei ihrer letzten Hinterzimmer-Tagung in Berlin so alles beschlossen hatten. Unter anderem, dass der Aus- und Neubau von Hochschulen künftig allein Ländersache sein sollte. „Damit sind neue Haushaltslöcher im Hochschulbereich vorprogrammiert“, grollt Kuhn. Neugründungen von Instituten oder gar neuen Hochschulen wie die der privaten International University in Bremen-Nord (IUB) wären ohne die Hilfe des Bundes gar nicht möglich.

Bisher ist die Hochschulfinanzierung nach Artikel 91a des Grundgesetzes ein Beispiel für die sogenannte „Mischfinanzierung“. Der Bund und das jeweilige Bundesland teilen sich die Kosten für den Bau universitärer Zentren (wie für die Kognitionswissenschaften an der Uni Bremen) oder die Anschaffung einer Großanlage – wie zum Beispiel eines Kernspintomographen. Unter anderem richtet sich die Höhe der Mittelzuweisungen aus Berlin nach Qualität und proportionaler Entwicklug der Hochschulstandorte. „Bremen hat mit dieser Struktur das 2,4-fache von dem bekommen, was der Stadt nach dem normalen Einwohnerschlüssel zugestanden hätte“, sagt Kuhn, der nun um diese sprudelnde Finanzquelle fürchtet.

Kuhn sei mit seiner Kritik wohl etwas vorschnell an die Öffentlichkeit gegangen, wiegelt man in Kreisen der großen Koalition in Bremen ab. Das alles werde in den Ländern schon nicht so heiß gegessen, wie es in Berlin gekocht wurde, heißt es. Und: „Diesen Beschluss der Ministerpräsidenten gibt es so gar nicht.“ Das jedenfalls sagt Senatspressesprecher Klaus Schloesser und verweist darauf, dass Mecklenburg-Vorpommern dem fraglichen Punkt nur unter „Vorbehalt“ zugestimmt habe. Bremen und Thüringen hätten außerdem auf einer „Protokollnotiz“ bestanden, nach der bei der künftigen Hochschulfinanzierung wenigstens „eine Koordinierung unter den Ländern sicherzustellen“ sei. Man befinde sich demnach noch im Beratungsprozess.

Entscheidend sei, so Schloesser, „dass dieser Punkt irgendwann Puzzlestein in einem großen konsensorientierten Regelwerk zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ werde. Das heißt: In einer Föderalismusreform soll endlich klar geregelt werden, welche Kompetenzen denn nun beim Land, welche beim Bund und welche bei der Europäischen Union liegen. Komplexe Mischfinanzierungen wirkten da eher störend, so Schloesser. In einem stimmt er dem Grünen Kuhn zu: „Unterm Strich dürfen für die Länder keine Einbußen an Finanzmitteln des Bundes auftreten.“

Die Politik müsse, wenn die Hochschulfinanzierung aus der Mischfinanzierung genommen werde, eben „neue verlässliche Instrumente schaffen“, die eine Finanztransaktion vom Bund zu den Ländern gewährleiste. Das neue Regelwerk solle allerdings erst 2020 in Kraft treten, so der Senatssprecher.

Die Reaktion des Grünen-Wissenschaftspolitikers Kuhn bleibt dennoch verständlich, wenn man sich die Informationspolitik des Senats vor Augen führt. Als er den Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, gefragt habe, wann die Regierung denn das Parlament über den Stand der Föderalismusreform zu informieren gedenke, habe der geantwortet: „Wir beschließen erst, dann informieren wir.“ Jetzt wurde ein erster Schritt beschlossen – und die Vertreter der Bremischen Legislative mussten die Ergebnisse den Medien entnehmen. Ein unschöner Vorgang. Markus Jox