: Durchbruch beim Klonen
Südkoreanischen Forschern gelingt es erstmals, einen menschlichen Embryo zu klonen und daraus Stammzellen zu gewinnen, aus denen sich körpereigenes Gewebe züchten lässt. Kritiker befürchten nun auch größere Chancen für reproduktives Klonen
VON BEATE WILLMS
Die eigenen kranken Muskeln, Knochen oder Nervenzellen durch neue aus körpereigenem Gewebe ersetzen zu können, ist für viele Kranke mit Parkinson, Alzheimer, Diabetes oder Multipler Sklerose ein Traum. Jetzt ist die Wissenschaft der Verwirklichung dieses Traumes ein großes Stück näher gerückt. Allerdings um einen hohen Preis: Forschern in Südkorea ist es erstmals gelungen, einen menschlichen Embryo zu klonen und ihm Stammzellen zu entnehmen, aus denen sich wiederum spezielle Gewebearten züchten lassen sollen. Das berichtet der verantwortliche Leiter des Experiments, Woo Suk Hwang, in der gestrigen Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science. Experten halten den Forschungserfolg für einen Durchbruch auf dem Gebiet des – ethisch umstrittenen – therapeutischen Klonens. Allerdings geben sie zu bedenken, dass die Methode vermutlich auch für die – noch viel heftiger umstrittene – Herstellung von Klonkindern angewandt werden könne.
Dem Bericht zufolge hatte das an der südkoreanischen Nationalen Universität in Seoul beheimatete Team 16 Spenderinnen insgesamt 242 Eizellen sowie einige Zellen ihrer Eierstöcke entnommen. Wie beim Klonen von Tieren entfernten die Wissenschaftler die Zellkerne, die den größten Teil der Erbinformation tragen, aus den Eizellen und ersetzten sie durch Zellkerne aus den Eierstockzellen. 30 wuchsen zu frühen Embryonen heran und wurden dann zerstört. Aus einem konnten die Forscher die erhoffte Stammzelllinie gewinnen: undifferenzierte Zellen, die sich zu den meisten der im menschlichen Organismus vorkommenden Zelltypen entwickeln können.
„Unsere Methode öffnet eine Tür, um diese dann besonders entwickelten Zellen in der Transplantationsmedizin zu nutzen“, schreibt Hwang. Weil sie nur das Erbgut einer einzelnen Person enthalten, würden sie vermutlich nicht abgestoßen, wenn man sie in deren Körper verpflanze.
Ganz so weit ist die Wissenschaft allerdings noch nicht. Die Forscher müssen noch herausfinden, wie sie die Stammzellen sicher dazu bringen können, die gewünschten Zellen zu bilden.
Kritiker sehen die Gefahr, dass die neuen Erkenntnisse auch zum Klonen von Babys genutzt werden könnten. „Es wäre naiv, zu sagen, dass das hier unverantwortliche Mediziner, die sich am reproduktiven Klonen versuchen, nicht auch einen guten Schritt voranbringt“, sagte Gerald Schatten von der Medizinischen Fakultät in Pittsburgh. Zwar habe das Experiment nicht bewiesen – und auch nicht beweisen wollen –, dass sich ein geklonter menschlicher Embryo bis zur Geburt normal entwickeln kann. Aber die Klone seien immerhin bis zu einem Stadium gewachsen, in dem Embryonen bei einer künstlichen Befruchtung in die Gebärmutter eingesetzt werden.
Bislang waren alle Versuche, Babys zu klonen, fehlgeschlagen – oder zumindest waren die angeblich erfolgreichen Wissenschaftler den Beweis schuldig geblieben. Erst im Januar war der umstrittene US-Forscher Panos Zavos gescheitert, als er einen angeblich aus einer Eizelle einer Frau und einer Hautzelle ihres Mannes geklonten Embryo in die Gebärmutter verpflanzte. Es soll zu einer Fehlgeburt gekommen sein. Die französische Chemikerin Brigitte Boisselier, die das erste Klonkind der Welt – ein Mädchen namens Eve – geschaffen haben will, lieferte keinen Beleg, dass sie Eve tatsächlich aus einer Hautzelle der Mutter geklont hatte. Auch für die im Zug der Berichterstattung über Boisselier von dem italienischen Mediziner Severino Antinori angekündigten Klonkinder gibt es keine Nachweise.