Traum vom Fliegen nur noch mit Unterschall

Die Concorde wird nicht mehr in die Lüfte steigen. Ihr Betrieb ist für Air France und British Airways zu unrentabel

Sie war längst ein lebendes Fossil – Relikt eines Zeitalters, in dem vieles erprobt wurde und alles möglich schien: mit Höchstgeschwindigkeit um den Planeten Erde rasen, dann zum Mond, zum Mars und zu den Sternen. Gestern kam nun fast überstürzt das Aus für das Überschallflugzeug Concorde. Bereits ab Ende Mai werde sie nicht mehr fliegen, teilte Air France in Paris mit. Kurz zuvor hatten Air France und British Airways angekündigt, die Concorde werde ab 1. Oktober definitiv außer Betrieb genommen.

Das „Ende einer fantastischen Ära in der Welt-Luftfahrt“, wie British-Airways-Chef Rod Eddington es gestern nannte, habe schlicht finanzielle Ursachen und sei eine „nüchterne Geschäftsentscheidung“. Seit dem Concorde-Unglück vom 25. Juli 2000, bei dem 113 Menschen ums Leben kamen, machten Air France und British Airways mit Concorde-Flügen nur noch ein dickes Minus.

Im Hintergrund stand die lange technische Agonie des angeblich einst sichersten Verkehrsflugzeugs der Welt. Schon vor dem Unglück hatten Gutachter im Auftrag der British Airways 55 „schwerwiegende Sicherheitsrisiken“ an der Maschine festgestellt. Nach dem Unglück waren die Überschallflugzeuge aufwendig überholt worden. Sie hatten unter anderem sichere Reifen und feuerfeste Kevlar-Ummantelungen der Treibstofftanks bekommen. Fast ein Dutzend Mal kam es jedoch nach der Wiederaufnahme der Concorde-Passagierflüge im November 2001 zu katastrophalen Zwischenfällen, darunter zu Motorschäden und Computerausfällen. Im November letzten Jahres beispielsweise musste ein Concorde-Pilot bei einem Flug von New York nach Paris binnen Minuten von Überschall- auf Unterschallgeschwindigkeit drosseln und die Höhe um 7.000 Meter absenken, weil es einen Triebwerksschaden gegeben hatte. An Bord brach Panik aus.

Auch vor dem Concorde-Unglück vom Juli 2000 war die Ära der Überschallflugzeuge nicht unbedingt eine fanastische gewesen. Die USA hatten den Bau eines Passagier-Überschallflugzeugs 1971 abgebrochen, nachdem sie Milliarden Dollar in dessen Entwicklung gesteckt hatten, am Ende aber nur ein Sperrholzmodell des Fluggeräts präsentieren konnten. Die Sowjetunion stoppte alle Flüge und die Weiterentwicklung ihrer Concorde-ähnlichen Tupolew 144, nachdem die 1973 bei einer Flugschau in Paris abgestürzt war. Nur die britisch-französische Concorde überlebte – ebenfalls mit Milliardensummen für ihren Bau. Allein sieben Jahre lagen zwischen dem ersten Testflug und dem ersten kommerziellen Flug im Januar 1976. Von den geplanten Linienflügen, unter anderem nach Bahrain und Rio de Janeiro, blieben bald nur noch die Routen London–New York und Paris–New York übrig. Gebaut wurden von den geplanten 150 Concordes letztlich nur 16.

Vor allem Umweltschützer dürfte das Ende der Concorde freuen. Beim Flug mit bis zu 2.700 Stundenkilometern – doppelter Schallgeschwindigkeit – verbraucht die Concorde mehr als 25.000 Liter Flugbenzin in der Stunde, und das in einer Höhe – knapp 20.000 Meter –, in der die Ozonschicht besonders effektiv angreifbar ist. Passagiere müssen sich dieses Vergnügen mindestens 8.000 Euro für einen Hin- und Rückflug kosten lassen. Auf dem gestrigen Flug von Paris nach New York waren es ganze 12. KENO VERSECK