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Archiv-Artikel

Homosexuelle weiter diskriminiert

Ob sie verheiratet oder verpartnert sind, macht für Beamte weiterhin einen Unterschied, entscheidet das Verwaltungsgericht in Hannover. Schwule und Lesben bleiben besoldungsrechtlich Menschen zweiter Klasse, weil es der Gesetzgeber so will

Lebenspartner

Seit August 2001 können sich homosexuelle Paare nach dem „Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft“ registrieren lassen. Das Projekt der rot-grünen Bundesregierung sollte eine weitgehende rechtliche Gleichstellung zur Ehe herstellen, doch so ganz stimmt das noch immer nicht. So ist es bei Adoptionen nur möglich, das leibliche Kind des anderen Partners zu adoptieren. Auch bei der Erbschaftsteuer gibt es Unterschiede – hinterbliebene Lebenspartner werden im Todesfall in eine ungünstigere Steuerklasse eingeordnet als Ehepartner. Die Ungleichbehandlung von Homosexuellen nach dem Beamtenrecht ist jetzt in dem Gerichtsverfahren in Hannover verhandelt worden. TAZ

VON KAI SCHÖNEBERG

Es ist ein langsames und zähes Ringen darum, so behandelt zu werden wie alle anderen. Bei der Gleichberechtigung geht es auch ums Geld, und auch deshalb funktioniert sie nur in Trippelschritten. Am Mittwoch stellte das von der CDU allein regierte Saarland lesbische und schwule Beamte in 58 Regelungen ihren heterosexuellen Kollegen gleich. Nur den Familienzuschlag, wie ihn verheiratete Landesbedienstete bereits in Berlin, Bremen und seit kurzem auch in Mecklenburg-Vorpommern erhalten, wird es im Saarland vorerst nicht geben.

„Ist das Lebenspartnerschaftsgesetz nur ein Stück Papier oder wird es auch mit Leben ausgefüllt?“, fragt Anwalt Karsten Jessolat am Donnerstag im Verwaltungsgericht in Hannover. Drei Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, klagen an diesem Morgen auf Gleichstellung. Eine Steueramtsinspektorin, ein Pastor im Ruhestand und der Postbeamte Carsten K. Anwalt Jessolat will für den 43-jährigen K. und dessen Lebensgefährten den Familienzuschlag der Stufe 1 erstreiten, der einem verheirateten, aber kinderlosen Kollegen K.s zustünde: 105, 26 Euro im Monat.

„Als Beamter will ich kein Mensch zweiter Klasse sein“, sagt K., der seit sieben Jahren in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. Diese dürfe ihn nicht nur zu Unterhalt oder Witwerrente verpflichten. K. fordert auch die gleichen Rechte wie für die Verheirateten. Der Postmann steht heute „auch für alle anderen“ vor Gericht.

Die Kläger schöpfen Hoffnung aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Anfang April hatte der EuGH die Diskriminierung Homosexueller bei der Hinterbliebenen-Versorgung beanstandet – und den Gerichten auf nationaler Ebene aufgetragen, bei den Gleichstellungsbegehren zu prüfen, ob Schwule und Lesben vergleichbare Lebenssituationen haben wie Heterosexuelle. Ein Grund für viele „Verpartnerte“, Hoffnung zu schöpfen – und auf Gleichbehandlung mit den Verheirateten zu pochen. Allein Anwalt Jessulat vertritt in Norddeutschland fünf Kläger.

Homosexuelle Beamte seien bei Sonderurlauben, im Laufbahnrecht oder bei der Reisekostenerstattung mit ihren Kollegen gleichgestellt, sagt der Vorsitzende Richter Otto Hüper – „nur im Besoldungsrecht gerade nicht“. Nach dem Wortlaut des Gesetzes könnten nur verheiratete Beamte den Zuschlag beanspruchen. Dass der Gesetzgeber unbeabsichtigt eine Lücke gelassen hat, kann der Richter nicht erkennen: Ein Gesetz, dass den Verheiratetenzuschlag auch für homosexuelle Beamte vorsah, hat der Bundestag zwar 2000 bereits abgenickt, es scheiterte jedoch im Bundesrat. Hüper wies deshalb alle drei Klagen ab: Dabei ging es nicht nur um Ansprüche auf Familienzuschläge. Auch der pensionierte Pfarrer, der von der Evangelischen Landeskirche Beihilfen für Krankheitskosten seines Lebenspartners erstreiten wollte, ging vorerst leer aus.

„Auf der einen Seite wird gesagt, das ist Diskriminierung, auf der anderen Seite wird die Diskriminierung festgeschrieben“, ärgert sich Renate Heike Rampf vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland über die „bizarre Argumentation“ der Gerichte. Hoffnungslos sei die Lage aber nicht. Das Beispiel des schwarz regierten Saarlandes zeige, dass auch die CDU, die lange auf ein „Abstandsgebot“ zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft gepocht hatte, langsam in der Realität angekommen sei.

Auch die schwarz-gelbe Landesregierung in Hannover plant ein Gesetz, nach dem verpartnerte homosexuelle Beamte künftig Beihilfen erhalten sollen. Nur: Dieses Gesetz schmort seit über einem Jahr in den Ausschüssen vor sich hin.

Eingetragene Lebenspartner werden heute bereits im Namensrecht und im Güterrecht wie Eheleute behandelt. „Das Beamten- und das Steuerrecht sind das letzte Bollwerk, das noch nicht gefallen ist“, sagte Richter Hüper. Homosexuelle Partner, immerhin gibt es in Deutschland 15.000 eingetragene Lebenspartnerschaften, können auch bei der Steuererklärung nicht gemeinsam veranlagt werden.

Ein Ende der Diskriminierung scheint vielerorts nur noch eine Frage der Zeit zu sein – wenn sich Betroffene wie der Postbeamte Carsten K. dafür einsetzen. Dessen Anwalt Jessolat kündigte am Donnerstag an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Das heißt in diesem Fall, zunächst vor dem Oberverwaltungsgericht eine Zulassung auf Berufung zu erstreiten. „Vielleicht“, sagt der Advokat, „sieht die Welt in ein paar Jahren ganz anders aus“.